Dienstag, 3. Februar 2009

Deutschrocker

Peter Maffay möchte ab sofort bei seinen Konzerten Gebärdendolmetscher einsetzen.
So weit, so nobel.

Ich nehme allerdings an, das geht auf eine Initiative der "Nicht-Gehörlosen Deutschlands e.V." zurück, die nicht mehr als einzige unter Maffay-Texten leiden wollten.

Wenn das Schule macht, sollten sich Gebärdendolmetscher schon mal auf den überdurchschnittlichen Gebrauch folgender Worte und Phrasen einstellen, um später Krämpfe in den Händen zu vermeiden: "Licht - Gesicht - zusammenbricht", "Vertraun - baun", "Mut - Flut - Wut", "ich muß gehn - zu dir stehn", "aufstehn - weitergehn" usw., also mithin das übliche Phrasen-Repertoire des sogenannten Deutsch-Rocks. Ein Musikform, die, angelehnt an den deutschen Schlager, seit Ende der 70er Jahre von der ständigen Wiederholung der ewig gleichen, schnulzigen Text-Versatzstücke lebt, stets untermalt von einem bißchen bedeutungsschwangeren Gitarrenriff-Geschraddel.

Blöderweise nehmen sich die Stellvertreter dieser Zunft selbst stets so furchtbar ernst, daß man sich mit solchen Kritiken schnell in eine gefährlich (selbst)ironiefreie Zone beleidigter Leberwürste begibt*. Musik wird dann schnell zu einem bierernstem Geschäft, bei dem der jeweilige Künstler immer auf Teufel komm raus ein ihm ganz, ganz, GANZ wichtiges Anliegen transportieren muß. In jeder Silbe steckt eine Message, in jeder Note 1 Liter frisch gezapftes Herzblut. Musik nur um der Musik willen, auch mal in Form eines Instrumentalstücks, scheint diesen geschwätzigen Bergarbeitern der Musikbranche zuwider zu sein. Man** kann sich Maffay und Konsorten tatsächlich gut vorstellen, wie sie staubverschmiert und verschwitzt aus einem engen Stollen kriechen, auf dem Rücken einen Korb voller mühevoll aus dem Felsen herausgeschlagener Brocken Betroffenheitslyrik.
Und das Ganze ist natürlich gänzlich unkommerziell, mit einer CD Geld zu verdienen gilt in diesen Kreisen schon beinah als unanständig. Merke: Als Deutsch-Rocker kann man offenbar nur so richtig authentisch sein, wenn man einmal die Woche eine Straße teert und hinterher mit den Hartzis im Stadtpark eine Dose Ratskrone zischt. Dann läßt man sich von ihnen auf die Schulter klopfen und brummelt seinerseits irgendwas von "nicht aufgeben", klettert wieder auf sein Custom Bike und knattert zum nächsten Sanatorium, um dort ergriffen ein paar krebskranke Kinder ans Holzfällerhemd zu drücken, die lieber Besuch von Tokio Hotel oder Schnappi gehabt hätten.

*) wobei ich die notorische Humorlosigkeit bei Maffay zumindest teilweise nachvollziehen kann, die ewig gleichen "der Zwerg mit der Warze"-Witzchen würden mir auch auf die Bällchen gehen
**) ich zumindest

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