Freitag, 13. Januar 2012

Braindead scheibchenweise

Der Michel kommt berufsbedingt zu verschiedensten Tages- und Nachtzeiten in den zweifelhaften Genuss der Kostbarkeiten des deutschen Fernsehprogramms. Um so mehr, da ich derzeit mit einer hübschen Erkältung die Couch hüte.

Die Erkenntnis, die sich dabei bei mir immer weiter verfestigt, ist, dass in den Programmgestaltungshinterzimmern lauter Serienhasser arbeiten, zumindest aber Serienignoranten. Das trifft vor allem Sitcoms.

Nicht nur, dass verschiedenste Sitcoms (Bundys, King of Queens, Heimwerkerkönig usw.) jahrzehntelang in Endlosschleife durch den Äther geistern, die frühmorgendliche Wiederholung als nachmittägliche Wiederholung des Vortags, oft auch noch auf unterschiedlichen Sendern gleichzeitig.

Nein, zur Krönung schmeißen die Programmverantwortlichen Serien völlig durcheinander, so, als gäbe es nicht auch in Sitcoms rote Fäden, Storylines, die sich über mehrere Folgen, manchmal sogar Staffeln hinziehen. Bestes Beispiel dafür ist „How I Met Your Mother“, wo das Zitieren aus vorangegangenen Handlungssträngen zum guten Ton gehört und die Grundlage für einige der besten Running Gags bildet. Pro7 versucht dabei klammheimlich, diese geniale Sitcom zu Tode zu peitschen. Gestern zum Beispiel lief zunächst die erste Folge der neuen siebten Staffel, somit Nr. 137. Im Anschluss daran lief Folge 69. Heute Mittag liefen dann nacheinander die Folgen 120, 121 und 122, später am Nachmittag 123, 124 und 125. Die drei letzteren werden dann morgen wiederholt. In der nächsten Woche endet dann im Nachmittagsprogramm die sechste Staffel, an die sich nahtlos wieder die erste anschließt.

Ähnliches spielt sich bei Kabel eins ab. Dort lief kürzlich dieselbe Folge von „Two and a half Men“ mehr oder weniger dreimal hintereinander.

Ein derart liebloser Umgang mit Comedy-Serien spricht von unglaublicher Ignoranz gegenüber dem Zuschauer. Entweder hält man das Publikum für dumm genug, dass ihnen das gequirlte Dauer-Recycling nicht auffällt oder total egal ist. Oder man hält das eigene Sendematerial für so trivial und abgenudelt, dass derartige Fehler nicht weiter ins Gewicht fallen, ist sich aber trotzdem nicht zu schade, die ranzige Sendebutter dem Zuschauer tagtäglich aufs Brot zu schmieren. So oder so - eine glatte Unverschämtheit.

Man stelle sich das ganze mal für andere Serien vor, Krimis, Telenovelas usw.: Darsteller, die in der einen Folge noch beerdigt wurden, sind in der anschließenden Folge wieder quicklebendig oder noch gar nicht geboren. Nirgendwo anders würde man sich das trauen, nur im Bereich Comedy scheinen die Senderfuzzis davon auszugehen, dass es keine nennenswerten Handlungsstränge gibt und die Zeit im Land des Lachens immer still steht. Deswegen werden wohl auch ständig alte „Switch“-Folgen wiederholt, in denen TV-Sendungen parodiert werden, die längst abgesetzt sind und Moderatoren veräppelt werden, die schon keiner mehr kennt oder die im schlimmsten Fall bereits das Zeitliche gesegnet haben. Der Witz bleibt dabei auf der Strecke, das Lachen im Halse stecken. Aber gelacht hätte man ja ohnehin nicht, Humor lebt vom Überraschungsmoment. Ein Sketch ist schon beim zweiten Mal kaum noch witzig. Nach der fünften Wiederholung kann man den Text dann bereits mitsprechen.

Wieso man bei all der Programm gewordenen Einfallslosigkeit nicht wenigstens zwischendrin mal Serien im Originalversion sendet, meinethalben spät nachts, als kleines Leckerli für die Fans, weiß ich auch nicht.

Verbessert haben sich allerdings die Synchronisationen. Obwohl auch heute noch hier und da Wortwitz und Anspielungen des Originals verloren gehen, sind doch die Zeiten vergessen, in denen Al Bundy irgendwas von „Klaus-Jürgen Wussow“ erzählte oder ein Stammgast im Bostoner "Cheers" den Namen Helmut verpasst bekam.

Mit dem Durcheinanderwürfeln von Serien hat im übrigen mitnichten das Privatfernsehen angefangen. Die Urväter der Zuschauerentmündigung und -verblödung saßen bei den Öffentlich-Rechtlichen, die sich schon frühzeitig um das Verstümmeln, Zensieren und Entstellen von TV-Serien verdient gemacht haben. Aber auch dort dürfte man inzwischen dazugelernt haben.

Einen der unzweifelhaft gruseligsten Auswüchse des Fernsehgeschäfts hat aber RTL wieder herausgekramt, und dabei geht es keinesfalls um etwas Humoriges, eher im Gegenteil.
„Der Bachelor“ ist neben der peinlichen Doku-Soap um den heulenden Wulff (canis lubricus) wohl so ziemlich das Widerlichste, was man derzeit im deutschen Fernsehen bewundern kann. Ein audiovisuelles Brechmittel, dass es, wenn überhaupt, nur auf Rezept geben sollte.

Man stelle sich vor: Ein Haus voller oberflächlicher Airheads, die angeblich die große, echte Liebe suchen, was scheinbar umso besser klappt, je weniger Klamotten man anhat. Dazwischen ein schmalztolliger Unsympath, der hier wohl schon mal für die tragende Rolle im Remake von „Der Blob“ übt. Der „Bachelor“ (das Wort ist hierzulande eher als neumodischer Bildungsabschluß für die nicht ganz so Hellen bekannt) grabbelt mal an der einen, reibt sich mal an der anderen, und führt dabei im wesentlichen inhaltsleere Konversationen à la „Flirten für Holzköpfe“. Das ganze Geschehen wird in seiner Oberflächlichkeit nur noch von der unglaublichen Langeweile getoppt, die jede Szene verströmt. Vollends breitgetreten wird der Quark von den eingestreuten, RTL-obligatorischen schwere Kindheit/todkranke Mutter-Herzschmerz-Geschichten.

Wi-der-lich.

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