Samstag, 21. Dezember 2013

Wortmeldung zum Jahresende

Kennt ihr das, wenn ihr eigentlich Bock habt, irgendwas zu tun, aber euch dann doch nicht dazu aufraffen könnt?
Mir ging es die letzten Wochen mit der Schreiberei so. Irgendwie ging es nicht voran. Egal, welche Knaller-Idee ich auch hatte, welche grandiose Pointe mir aus dem Frontallappen ploppte – ich hab sie alle wieder vergessen. Ich hab in den letzten Wochen mehr originelle Ideen wieder vergessen als unser Ex-Innenminister in seiner gesamten Amtszeit hatte.
Eine Blog-Blockade, wenn man so will. Eine Bloggade, wie der Sachse sagen würde.

Dabei hätte es in der Zwischenzeit so viel Berichtenswertes gegeben. GroKo, NSA, BND, GröKaZ - die Demokratievernichtungsmaschine rollt, und keinen juckt's. Müßig, darüber irgendwas zu schreiben, wenn die Leute lieber darüber lesen, ob Frau Merkel gerne Plätzchen backt oder darüber diskutieren, was eine forsche ZDF-Journalistin einen selbstzufriedenen Sozen fragen darf und was nicht.

Währenddessen werden von "Demokraten" in Hinterzimmern Gesetze ausgekungelt, die niemandem nützen außer der Lobby, die sie den Politikern in die Feder diktiert hat. Wann twittert eigentlich Boris Becker mal was zu DIESEM Thema?

Ich kapier auch nicht, wieso nicht wenigstens die Ossis aufwachen. Was war das für eine Aufregung, als klar wurde, in welchem Umfang die Stasi die Ostdeutschen ausspioniert hat! Was war das nicht für ein gruseliger Schweineverein, diese Stasi, lauter Spanner, Sadisten, Opportunisten. Und jetzt? Schweigen im Walde. Nur irgendwo im Erzgebirge wird noch "Wir sind das Volk!" geplärrt. Nur leider aus den falschen Gründen, weil unser Staat es gewagt hat, die traurigen Ärsche einiger Kriegsflüchtlinge im Land der Löffelschnitzer zwischenzulagern. Naja, wenn denen mal das Holz ausgeht, können sie immer noch ihre Köpfe zum Schnitzen hernehmen.

Hach ja, unsere "Avengers" vom BND und Verfassungsschutz, die jede Woche Deutschland heimlich zweimal vor fiesen Terroristen retten. Feine Kerle, allesamt. Dass man für den Job die moralische Flexibilität etwa eines Limburger Bischofs mitbringen muss, da können die ja nix für.

Ganz geil ist auch, wie die deutsche Politik derzeit auf Russland herumkloppt, weil der Putin ja so ein fieser, demokratiefeindlicher Diktator ist. Ganz im Gegensatz zu den transantlantischen Drohnen-Kriegern und Weltspionen, die sind ja unsere Freunde. Oder die lupenreinen Demokraten in Saudi Arabien, denen wir gern mal Panzer verkaufen.

Was reg ich mich auf. Bespitzelt, verarscht und abgezockt, kommen wir trotzdem nicht in die Verlegenheit, auf dem Weg in ein besseres Leben im Mittelmeer ersaufen zu müssen. Es sei denn, wir sind in El Arenal nach dem dritten Eimer Sangria aus Versehen in die Fluten gekullert.
M.a.W.: Es geht uns gut.

Manchmal zu gut. Mein Lieblingsnachbar zum Beispiel hat seine Weihnachtsgratifikation offenbar in Freiluft-Illuminationstechnik aus Fernost investiert. Also von der Sorte, von der man spontan Augenkrebs bekommt, wenn man nur einen flüchtigen Blick riskiert, ohne eine Schweißerbrille zu tragen. Die Sorte, die selbst die Betreiber von Hinterhof-Türkendiskos als zu kitschig ablehnen.
Und er tat dies offensichtlich - selbstlos, wie das gesegnete Weihnachtsfest von ihm als guten Christenmenschen verlangt - nur zur Belustigung seiner Mitmenschen. Denn sobald er die netzhautablösende Lichterorgie in seinemVorgarten einschaltet, läßt er selbst die Jalousien herunter. Wohl, damit er das Elend selbst nicht sehen muß. Vielleicht hat er ja doch Geschmack. Vielleicht will er aber auch nur ein Stück Las Vegas an die Isar holen - keine Ahnung.

Über sowas könnte man schreiben, so Alltagszeug eben. Über den türkischen Rentner zum Beispiel, der in der Nachbarschaft einen völlig verfetteten Kleinst-Köter spazierenführt. Oder besser spazierenschleift, weil die Stummelbeine der pelzigen Wurst kaum noch den Boden berühren. Ich werde das Gefühl nicht los, dass das Viech vielleicht eines Morgens davon aufwacht, dass ihm Herrchen einen Dönerspieß in den Hintern schiebt. Vielleicht wird hier vor aller Augen und trotzdem unbemerkt das Geheimnis um die Herkunft des Dönertiers gelöst.


In diesem Sinne: Möge das neue Jahr besser werden als das alte.
Euer Michel

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