Freitag, 20. Juni 2014

Man of Stool

Ich habe ja schon seit längerem keine Rezension mehr geschrieben, hauptsächlich, weil es sowas im Netz ohnehin schon zur Genüge gibt, vor allem auf speziell dafür eingerichteten Webseiten.

Nachdem ich aber gerade "Man of Steel" "genießen" durfte, kann ich leider nicht anders.
Was für eine gequirlte SCHEISSE! Ich krieg mich gar nicht wieder ein.
Aber der Reihe nach.

Die Idee, die Superman-Saga mal neu zu erzählen, ist an sich nicht verkehrt, wenn auch angesichts der notorischen Remake-, Sequel- und Prequel-Manie wenig originell. Mit Zack Snyder und Christopher Nolan haben sich auch zwei Schwergewichte des Superhelden- und Science Fiction-Kinos des Stoffes angenommen. Dazu noch Top-Besetzung in den Nebenrollen - was soll da noch schiefgehen?

So ziemlich alles, wie sich gezeigt hat. Bei mir wollte nach dem durchaus starken Auftakt null Spannung aufkommen, was hauptsächlich den immensen Logik-Löchern und der nicht enden wollenden Materialschlacht geschuldet war. Die hochkarätige Schauspieler-Riege kam in der ironiefreien Inszenierung voller Rumms und Bumms kaum wirksam zum Tragen.

Logik in einem Superman-Film? Ja. Genau. Denn auch ein Superhelden-Film muss zumindest in dem Kontext der von ihm selbst geschaffenen Realität funktionieren und sich zumindest an die ihm eigenen "Natur"-Gesetze von Zeit und Raum halten.

So kann man ja gerade noch akzeptieren, dass der verstorbene Papi von Superman sein Bewußtsein in eine Art USB-Stick transferiert. Das dieses Bewußtsein, nachdem es jahrzehntelang auf dem Stick vor sich hinschlummerte, sich als denkendes, sehendes und interagierendes Hologramm manifestiert, das nicht nur weiß, was während der vergangenen Jahre geschehen ist, sondern das auch momentweise in die Zukunft sehen kann, will schon nicht mehr so recht einleuchten.
Warum Papis Manifestation philosophische Weisheiten über das Menschsein und die Menschheit absondert, obwohl Papi bis kurz vor seinem Tod nicht mehr über die Menschen wußte, als dass sie "vermutlich intelligent" wären, wird auch nicht begründet.

Dasselbe Hologramm lotst Superman durch ein seit 18.000 Jahren im irdischen Gletschereis eingeschlossenes Raumschiff, öffnet ein Kabuff, und - et voilà - hängt da Supermans Super-Anzug samt Familienlogo auf der Brust. Wie der dahin kommt, wird nicht erklärt. Auch scheint es in den vergangenen 18.000 Jahren keinerlei technologischen Fortschritt bei den Kryptoniern gegeben zu haben, sogar die "USB"-Schnittstelle sieht nach all der Zeit noch genau so aus. Übertragen auf die Erde hieße das, dass sich seit der Zeit der Höhlenmalerei auf Erden technologisch nichts mehr getan hätte.


Noch eine Beobachtung: Superman hat an Bord des Krypton-Raumschiffs merklich Probleme mit der Atmosphäre an Bord, spuckt sogar Blut. Ähnliche Probleme haben die Kryptonier mit der Atmosphäre der Erde. Bei diversen Gelegenheiten hält sich Superman auch in einer erdnahen Umlaufbahn auf, also an einem Ort völlig ohne Atmosphäre, und hat damit ÜBERHAUPT KEIN Problem.

Von dem sich selbst verzehrenden schwarzen Loch will ich gar nicht erst anfangen.

Die fehlende Logik macht aber auch vor den anderen Protagonisten nicht halt. Da schafft es beinah die gesamte Belegschaft des "Daily Planet", vor einem in Zeitlupe auf sie herabstürzenden Wolkenkratzer davonzulaufen. Die einzige, die es nicht schafft, wird aber nicht etwa von den Trümmern erschlagen, sondern lediglich unter Tonnen von Stahlbeton begraben, ohne einen Kratzer davonzutragen. Und wie sich herausstellt, benötigen ihr Kollege lediglich ein verbogenes Verkehrsschild, um die Schuttmassen kurzerhand wegzuhebeln. Und obwohl Lois Lane den finalen Crash Supermans noch aus x Kilometern Entfernung zu beobachten scheint, trifft sie nur Augenblicke später direkt bei ihm ein.

Man könnte sich noch unzählige weitere Fragen stellen. Warum zum Beispiel scheint die Menschheit kaum sonderlich davon überrascht zu sein, dass plötzlich Außerirdische bei ihnen auftauchen? Warum läßt eine uralte Hochtechnologie - Zivilisation es zu, durch die Vernichtung ihres Heimatplaneten völlig ausradiert zu werden, obwohl sie bereits andere Planeten besiedelt hat? Warum überleben ausgerechnet die Schwerverbrecher in ihrem Phantom-Zonen-Knast die Vernichtung? Warum stellen die Kryptonier ihre Maschinen nicht aus dem gleichen Material her wie ihre Kleidung? Denn während letztere auch schwerste Explosionen und Stürze aus dem Weltraum überstehen, ohne auch nur einen Schmutzfleck davonzutragen, hat Superman sogar in geschwächtem Zustand kein Problem, den Planetenwandler völlig zu zerstören oder durch Raumschiffwände zu fliegen.

Das größte Rätsel hat mir aber etwas völlig anderes aufgegeben. Zu Beginn des Films ist Superman in seiner Selbstfindungs-Phase mehrfach unrasiert zu sehen. Wenig später ist er völlig glattrasiert zu sehen.
Preisfrage: Wie oder besser womit rasiert sich jemand, dessen Frisur sogar einem Raketenbeschuss widersteht?

Abgesehen von all den ärgerlichen Löchern in der Erzähllogik habe ich mich wohl vom Anblick eines in Trümmern liegenden New York/Metropolis/Gotham soweit abgesehen, dass es mich nur noch anödet. In gefühlt jedem zweiten Science Fiction / Superhelden-Movie seit Independence Day wird die Stadt nach allen Regeln der CGI-Kunst in Schutt und Asche gelegt. Was Explosionen und die Huldigung der US-Luftstreitkräfte angeht, hätte "Man of Steel" auch von Michael Bay oder Roland Emmerich gedreht sein können. Zudem erinnerten mich einige der CGI-Effekte schwer an Szenen aus den "Matrix"-Filmen.

Alles in allem fand ich "Man of Steel" uninspiriert und langweilig, eine ärgerliche Zeitverschwendung. Da schau ich lieber noch dreimal Schmalzlocke Christopher Reeve dabei zu, wie er rückwärts durch die Zeit fliegt. Und glaube noch lieber, dass Clark Kent durch das Aufsetzen einer simplen Brille sein Aussehen so sehr verändert, dass selbst engste Verwandte ihn nicht mehr erkennen, als diesen hanebüchenen Schmarrn.

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