Samstag, 4. Oktober 2025
Donnerstag, 25. September 2025
Fragliches
Der Michel hat heute überraschend Briefwahlunterlagen bekommen. Für einen Bürgerentscheid pro oder contra einer Olympiabewerbung Münchens.Schöne graue und pinke Zettel und Umschläge, ein Haufen Papier - soweit nichts Ungewöhnliches.
Nur lag den Unterlagen nicht nur eine Erklärung des Stadtrats bei, warum Olympia für München eine super Sache wäre, sondern auch noch ein buntes Werbeprospekt pro Olympia.
Das ist in etwa so, als würde dem Bundestagswahlzettel Wahlwerbung der CSU beiliegen. Oder in der Wahlkabine ein Porträt vom Söder hängen. Irgendwie scheint sich da ein seltsames Demokratieverständnis abzuzeichnen.
Wobei, je länger ich drüber nachdenke, fällt mir ein, dass Münchner Wahlbüros immer in Schulen sind. Und in bayrischen Klassenzimmern hängt der Latten-Jupp, um den Kinderlein und vielleicht auch den Wählern vorzuführen, was in Bayern mit Leuten passieren kann, die ihr Kreuz nicht bei der CSU machen.
Und wieso sprechen Väter in amerikanischen Serien ihre Söhne immer mit "Kumpel" an? Mag ja sein, dass die im Original immer "buddy" sagen (was auch schon irgendwie seltsam ist), aber wenn dann die Synchro-Autoren das so übernehmen, scheint mir das doch etwas weird. Ich hab noch keinen deutschen Vater erlebt, der seinen Sohn mit "Kumpel" anspricht. Der Ausdruck "Kumpel" ist im Deutschen entweder für Bergleute reserviert oder für DDR-Nostalgiker, die damit ihre Freunde umschreiben. Dann aber vorzugsweise mit einem "G" im Anlaut gesprochen.
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Der Michel laboriert gerade an einem wehen Fuß herum und hat deswegen bei Liebscher&Bracht nach Abhilfe gesucht. (L&B sind Spezialisten für schmerzende Knochen und verspannte Muskeln, die oft sehr gute Tipps haben, wie man den schleichenden Verfall des eigenen Körpers kurzzeitig zum Stillstand bringt. Fast immer liegt das Geheimnis darin, mit im Nacken verschränkten Füßen 20 Sekunden lang den linken Zeigefinger auf ein Holzklötzchen zu pressen, um eine Blockade am rechten Hoden zu lösen oder etwas ähnliches.)
Und was musste ich da auf deren Webseite zum gesuchten Thema lesen? "Obwohl der Hallux valgus in frühen Lebensabschnitten vorkommen kann, treten oft erst ab 50 Jahren schwere Fehlstellungen im Großzehengrundgelenk auf."
Ich kann ech gar nicht sagen, wie oft ich in den letzten 2,3 Jahren ähnliche Sätze gehört habe. Frei übersetzt bedeuteten alle "ab 50 geht's nur noch bergab".
Ich glaube so langsam, dass wir mit unserer gestiegenen Lebenserwartung die natürliche Evolution rechts überholt haben. Evolution spielt sich ja in Zeiträumen ab, die keine Apple Watch mehr messen kann. Sowas wie z.B. die Entwicklung vom Ganzkörper-Flokati zu den Schamhaar-Inseln von heute brauchte unter Umständen Millionen von Jahren, um sich in der Breite durchzusetzen (wenn man von einigen Gegenden rund ums Mittelmeer absieht, wo die Entwicklung beim homo schimpansus hängen geblieben zu sein scheint).
Vermutlich war von der Evolution aktuell noch gar nicht vorgesehen, dass wir älter als 50 werden, bzw dass wir nach dem 50. Geburtstag noch irgendwelche Muskelgruppen beanspruchen müssen. Der Plan war (so meine Vermutung), dass diejenigen, die diese magische Schmerzschwelle überschreiten, nur noch wie Majestix durch die Gegend getragen wird.
Aber in einer Welt, in der des mehr Rentner als Heranwachsende gibt und in der Teile der nachwachsenden Generation mal so eben noch ein Handy hochheben können, ohne sich einen Leistenbruch zuzuziehen, mangelt es empfindlich an potentiellen Schildträgen. Die Demografie ist also schuld, dass wir unsere siechen Gebeine auch jenseits der 50 weiter selbst von A nach B schleppen müssen.
Und da beschweren sich die Leute immer, dass zuviele junge Männer ins Land gelassen werden. Ja wer, verdammt noch eins, soll mich denn sonst zukünftig durch die Gegend tragen? Irgendein Kevin, der von einem Leben als Bockwurst-Influencer träumt und den die Mama wegen Laktoseintoleranz vom Schulsport hat befreien lassen, sicher nicht.
Das hat die Merkel schon ganz richtig erkannt. Immer hereinspaziert, Habibi. Jeder nur ein Schild.
Donnerstag, 24. Juli 2025
Bad Luck Syndrome
Es gibt einige Studien, die belegen, dass es Menschen gibt, die mehr Pech haben als andere. Es hat sogar jemand mal eine Filmkomödie zu dem Thema gemacht.
Ich gehöre leider dazu, wobei man sagen muss, dass das Pech bei mir sehr selektiv auftritt.
Ich halte mich nicht generell für einen Pechvogel, mir passieren auch nicht mehr Unglücke oder Unfälle als anderen. In manchen Aspekten des Lebens halte ich mich sogar für recht "gesegnet", was Glück angeht (wobei ich auch an den Spruch glaube, dass man selbst seines Glückes Schmied ist usw).
Nein, mein spezielles Pech äußert sich nur in bestimmten Situationen. Zum Beispiel bei der Nahrungsaufnahme. Schon in meiner Kindheit konnte jeder gefahrlos in ein Stück Kirschkuchen beißen, wenn ich mit am Tisch saß. Denn die Kirsche mit dem Stein verbarg sich zielsicher immer in meinem Stück Kuchen. Ich musste dafür nicht mal an der Wahrscheinlichkeit drehen und mir den halben Kirschkuchen einverleiben. Nein, ein Stück vom Blech reichte völlig. Das ging so weit, dass ich einmal, als ein weiterer Mitesser einen Stein in seinem Stück fand, ich einen zweiten Stein in meinem Kuchenstück hatte.
Das Phänomen ließ sich problemlos auch auf andere Obstsorten ausweiten, ob auf dem Kuchen, im Kompott oder sonstwie - Kerne und Steine landeten unweigerlich bei mir.
Bei Fisch geht es mir ähnlich. Egal, welche Sorte, egal, wie fein filetiert: Mein Fisch hat immer Gräten. Sitzen andere mit am Tisch, bin ich zumindest der, der die meisten, dicksten und längsten Gräten aus seiner Mahlzeit puhlt.
Spätestens seit Corona ist ein weiteres Pechfeld aufgetaucht: Lichtschranken bzw optische Sensoren.
Während andere Menschen von automatischen Desinfektionsmittelspendern wie beabsichtigt mit Sprühstößen belohnt wurden, konnte ich an, vor und unter den Dingern herumfuchteln, streicheln und winken, wie ich wollte: Es kam nichts. Meist musste die schönste Münchnerin herbeieilen, um zu testen, ob die Geräte auch funktionierten. Ergebnis: Desinfektionsmitteldusche bei ihr, null Reaktion bei mir.
Mittlerweile tritt dies auch öfter mal bei automatischen Seifenspendern, Händetrocknern, Wasserhähnen und sogar selbstöffnenden Türen auf. Während sich neben mir auf diversen Restauranttoiletten Menschen zivilisiert ihre Hände waschen und trocknen, kann ich nur hilflos daneben stehen und kassiere seltsame Blicke, weil ich nur sehnsüchtig auf ihr fließendes Wasser, ihre tropfende Seife und dröhnende Handföne starren kann.
Ich habe den Verdacht, dass ich unter einer Art Superkraft leide, bei der meine Haut Lichtstrahlen einfach um- oder ableitet. Wüssten die Amis davon, hätten sie mich wahrscheinlich schon gekidnappt, um meine Stealth-Fähigkeiten im Geheimlabor zu erforschen und ihre Waffentechnologie künftig mit Michel-Haut zu überziehen.
Möglicherweise steht letzteres auch in Zusammenhang mit meiner dritten Pech-Domäne: Ich bin ein Insekten-Magnet.
Damit meine ich nicht einmal meine enorme Anziehungskraft auf Mücken, die ich eher meiner unwiderstehlichen Blutgruppe B zuschreibe. Nein, Insekten aller Art kollidieren mit meinem Körper, vorzugsweise aber mit meinem Gesicht. Während andere Menschen um mich herum von Fliegen, Bienen, Wespen, Käfern, Motten und Schmetterlingen (ja, sogar zart-verspielten Schmetterlingen) lediglich umschwärmt oder umflogen werden, werde ich praktisch von allem, was fliegt und mehr als 4 Beine hat, attackiert, als wäre ich ein totes Pferd auf einer Wildblumenwiese. Möglicherweise ist auch hier meine Tarnkappen-Körpertapete die Ursache: Die Facettenaugen der niederen Fauna sind scheinbar nicht in der Lage, mich bzw mein Gesicht wahrzunehmen, und brettern mir demzufolge stets mit Schmackes in die Visage.
Die schönste Münchnerin findet meine Missgeschicke gar köstlich - ihr Humor ist, was Schadenfreude angeht, recht ausgeprägt. Während ich mir tote Käfer aus den Stirnfalten kratze oder mein Essen mit der Sorgfalt eines Bombenentschärfers kaue, beömmelt sich die mir Angetraute aufs Herzlichste.
Wieso ich das alles erzähle? Keine Ahnung. Musste mal raus. Vielleicht hoffe ich auch insgeheim, zu einer neuen Studie eingeladen zu werden, und darf dann wochenlang zu wissenschaftlichen Zwecken Unmengen gratis Kirsch- und Pflaumenkuchen essen. Mit Insekten einsperren lasse ich mich aber nicht..
Samstag, 15. März 2025
Mucke
Ab und zu bekommt der Michel einen Rappel und hat mal wieder Bock zu bloggen. Meistens, weil ihm irgendwas vor die zu groß geratene Nase flattert, von dem er meint "daraus könnte ich was Witziges machen".
Dabei bleibt's dann meistens auch, weil das Bruchstück der potentiell puppenlustigen Geschichte sich oft genaus so schnell verflüchtigt, wie es sich manifestiert hat. Manchmal besitze ich noch genug Geistesgegenwart, mir irgendeine Notiz zu machen, die ich dann im Handumdrehen an genau dem bombensicheren "bald erledigen"-Platz ablege, an dem ich nie mehr danach suchen werde.
Manchmal bekommt der Michel auch andere Rappel, zum Beispiel wenn's um Musik geht.
Als junger Mensch war mir Musik su-per-wich-tig. Spezialgebiet: Musik oder Musiker entdecken, die außer mir noch keiner kennt. Zumindest niemand in meinem Dunstkreis.
Nie im Leben hätte ich gedacht, dass es mir mal so gehen würde wie all den "bedauernswerten" Altvorderen in meinem sozialen Umfeld, die nur noch "Oldies" hörten und langsam über Deutschrock a la Maffay in Richtung Schlager drifteten, ihre Ohren in Rente schickten, sozusagen.
Ich hatte mir geschworen, immer am Ball zu bleiben und ein Ohr immer auf der Schiene zu lassen, damit der Zug der Zeit mich nicht überrollen kann. Wie man sich doch täuschen kann.
Fakt ist: Kaum mehr als der Mainstream ist heute kaum noch drin. Von Künstlern, die ich früher mal rauf und runter gehört habe, hab ich die Alben der letzten 15 Jahre nicht mal mehr ansatzweise mitbekommen. Manche sind gestorben, manche aufgelöst geglaubte Bands sind längst wiedervereint - wenn man dann doch mal in so ein Musik-Rabbit-Hole stürzt, erlebt man lauter Überraschungen.
Fakt ist: Wenn die bezaubernste Tochter mir mal einen seltenen Einblick in ihr Hör-Universum gewährt und mir dann irgendwelche Million-Dollar-Musik vorstellt, von der ich im Leben noch nie was gehört habe, fall ich regelmäßig vom Glauben ab.
Warum das so ist, dafür gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Ansatz Nr.1: Man wird älter, andere Dinge werden wichtiger, nehmen mehr Zeit in Anspruch. Die einzige Musik, die man noch nebenbei hört, sind die Chart-Dauerschleifen beim Autofahren, eingequetscht zwischen Staumeldung und Saitenbacher-Werbung.
Erklärungsansatz Nr.2: Das Musikangebot wurde gefühlt immer breiiger, beliebiger und austauschbarer, vor allem, was die Top 10 angeht. Ob jetzt gerade Tim Bendzko, Cro oder Wincent Weiß für mich das Licht anlässt oder die Welt rettet, ist doch einigermaßen Wumpe. Wer der Typ im Baseball-Shirt und -Fusselschnurrbart ist, der gerade auf dem Rücksitz eines Sportwagens von drei Ärschen angetwerkt wird, während er davon grummelt, wie er uns alle zuf*ckt mit seinem Geld und Koks - wer will das wissen?
Auch die Helden von einst lassen einen im Stich. Wo man früher noch auf jedes neue Album hingefiebert hat, voller Spannung, womit mir Depeche Mode, Metallica oder Dread Can Dance diesmal wieder den Gehörgang kärchern werden, ist heute nur Redundanz. Kann sein, dass sich die Kreativität der Helden von früher irgendwann auch tot läuft und man nur noch Altbewährtes neu aufkocht. Vielleicht ist das Zeug auch alles tot-produziert und KI-getunt. Der Musik fehlt es an den Ecken und Kanten, die sie früher hatte und die manche Stücke aus dem Einheitsbrei herausgehoben haben, so dass sie 30 Jahre später noch Saiten in mir zum Klingen bringen.
Boah, ich merke grade, dass das hier so in Richtung "früher war alles besser, Oppa erzählt vom Krieg" abdriftet, aber das sollte es gar nicht. Einmal, weil ich wirklich glaube, dass der Popmusik das Rebellische abtrainiert wurde, um in Zeiten des WWW schön skalierbar zu bleiben. Sicher gibt es auch weiterhin die sperrigen Künstler, nur kommen die in unserer algorithmengesteuerten Welt nicht mehr vor, wenn sie nicht nah genug an der eigenen "Bubble" sind, um dann doch mal in irgendeiner "timeline" aufzutauchen.
Andererseits falle ich ja manchmal doch, wie eingangs beschrieben, in ein Hasenloch und wühle mich durch Spotify-Playlists und Wikipedia-Biographien. Ich kann Nina Chuba und Shirin David auseinanderhalten. Ich weiß, dass Linkin Park wieder da sind. Und ich entdecke immer noch Musik, die neu und spannend ist.
Andererseits kenne ich von den Musikstücken und Künstlern, die aktuell die Top10 in Deutschland sind, kein einziges. Hab ich gerade geprüft. Was mich gerade schon ein bißchen schockt, obwohl das gerade hauptsächlich irgendwelche DJ-Wohlfühl-Mucke ist.
Wie mir die bezaubernste Tochter mit ihren zarten 20 plus gerade eröffnet, geht es ihr allerdings ähnlich.Ihrer Ansicht nach werden die aktuellen Charts von 14jährigen dirigiert, die irgendwelche trällernden TikToker und "ich sing jetzt auch"-Influencer hypen.
Eigentlich wollte ich nur eine Kritik zu den letzten Werken von Lisa Gerrard, der Stimme von Dead Can Dance, loswerden. Aber dann hätte ich gerade die längste Musikkritik-Einleitung aller Zeiten geschrieben. Also macht euch selbst ein Bild. Ich hab jetzt fertig.

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