Samstag, 15. März 2025

Mucke

 Ab und zu bekommt der Michel einen Rappel und hat mal wieder Bock zu bloggen. Meistens, weil ihm irgendwas vor die zu groß geratene Nase flattert, von dem er meint "daraus könnte ich was Witziges machen".  

Dabei bleibt's dann meistens auch, weil das Bruchstück der potentiell puppenlustigen Geschichte sich oft genaus so schnell verflüchtigt, wie es sich manifestiert hat. Manchmal besitze ich noch genug Geistesgegenwart, mir irgendeine Notiz zu machen, die ich dann im Handumdrehen an genau dem bombensicheren "bald erledigen"-Platz ablege, an dem ich nie mehr danach suchen werde.

Manchmal bekommt der Michel auch andere Rappel, zum Beispiel wenn's um Musik geht.

Als junger Mensch war mir Musik su-per-wich-tig. Spezialgebiet: Musik oder Musiker entdecken, die außer mir noch keiner kennt. Zumindest niemand in meinem Dunstkreis. 

Nie im Leben hätte ich gedacht, dass es mir mal so gehen würde wie all den "bedauernswerten" Altvorderen in meinem sozialen Umfeld, die nur noch "Oldies" hörten und langsam über Deutschrock a la Maffay in Richtung Schlager drifteten, ihre Ohren in Rente schickten, sozusagen.

Ich hatte mir geschworen, immer am Ball zu bleiben und ein Ohr immer auf der Schiene zu lassen, damit der Zug der Zeit mich nicht überrollen kann. Wie man sich doch täuschen kann.

Fakt ist: Kaum mehr als der Mainstream ist heute kaum noch drin. Von Künstlern, die ich früher mal rauf und runter gehört habe, hab ich die Alben der letzten 15 Jahre nicht mal mehr ansatzweise mitbekommen. Manche sind gestorben, manche aufgelöst geglaubte Bands sind längst wiedervereint - wenn man dann doch mal in so ein Musik-Rabbit-Hole stürzt, erlebt man lauter Überraschungen.

Fakt ist: Wenn die bezaubernste Tochter mir mal einen seltenen Einblick in ihr Hör-Universum gewährt und mir dann irgendwelche Million-Dollar-Musik vorstellt, von der ich im Leben noch nie was gehört habe, fall ich regelmäßig vom Glauben ab.

Warum das so ist, dafür gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Ansatz Nr.1: Man wird älter, andere Dinge werden wichtiger, nehmen mehr Zeit in Anspruch. Die einzige Musik, die man noch nebenbei hört, sind die Chart-Dauerschleifen beim Autofahren, eingequetscht zwischen Staumeldung und Saitenbacher-Werbung.

Erklärungsansatz Nr.2: Das Musikangebot wurde gefühlt immer breiiger, beliebiger und austauschbarer, vor allem, was die Top 10 angeht. Ob jetzt gerade Tim Bendzko, Cro oder Wincent Weiß für mich das Licht anlässt oder die Welt rettet, ist doch einigermaßen Wumpe. Wer der Typ im Baseball-Shirt und -Fusselschnurrbart ist, der gerade auf dem Rücksitz eines Sportwagens von drei Ärschen angetwerkt wird, während er davon grummelt, wie er uns alle zuf*ckt mit seinem Geld und Koks - wer will das wissen?

Auch die Helden von einst lassen einen im Stich. Wo man früher noch auf jedes neue Album hingefiebert hat, voller Spannung, womit mir Depeche Mode, Metallica oder Dread Can Dance diesmal wieder den Gehörgang kärchern werden, ist heute nur Redundanz. Kann sein, dass sich die Kreativität der Helden von früher irgendwann auch tot läuft und man nur noch Altbewährtes neu aufkocht. Vielleicht ist das Zeug auch alles tot-produziert und KI-getunt. Der Musik fehlt es an den Ecken und Kanten, die sie früher hatte und die manche Stücke aus dem Einheitsbrei herausgehoben haben, so dass sie 30 Jahre später noch Saiten in mir zum Klingen bringen.

Boah, ich merke grade, dass das hier so in Richtung "früher war alles besser, Oppa erzählt vom Krieg" abdriftet, aber das sollte es gar nicht. Einmal, weil ich wirklich glaube, dass der Popmusik das Rebellische abtrainiert wurde, um in Zeiten des WWW schön skalierbar zu bleiben. Sicher gibt es auch weiterhin die sperrigen Künstler, nur kommen die in unserer algorithmengesteuerten Welt nicht mehr vor, wenn sie nicht nah genug an der eigenen "Bubble" sind, um dann doch mal in irgendeiner "timeline" aufzutauchen.

Andererseits falle ich ja manchmal doch, wie eingangs beschrieben, in ein Hasenloch und wühle mich durch Spotify-Playlists und Wikipedia-Biographien. Ich kann Nina Chuba und Shirin David auseinanderhalten. Ich weiß, dass Linkin Park wieder da sind. Und ich entdecke immer noch Musik, die neu und spannend ist.

Andererseits kenne ich von den Musikstücken und Künstlern, die aktuell die Top10 in Deutschland sind, kein einziges. Hab ich gerade geprüft. Was mich gerade schon ein bißchen schockt, obwohl das gerade hauptsächlich irgendwelche DJ-Wohlfühl-Mucke ist.

Wie mir die bezaubernste Tochter mit ihren zarten 20 plus gerade eröffnet, geht es ihr allerdings ähnlich.Ihrer Ansicht nach werden die aktuellen Charts von 14jährigen dirigiert, die irgendwelche trällernden TikToker und "ich sing jetzt auch"-Influencer hypen.

Eigentlich wollte ich nur eine Kritik zu den letzten Werken von Lisa Gerrard, der Stimme von Dead Can Dance, loswerden. Aber dann hätte ich gerade die längste Musikkritik-Einleitung aller Zeiten geschrieben. Also macht euch selbst ein Bild. Ich hab jetzt fertig.

Sonntag, 15. September 2024

Picard statt Höcke

Sorry Leute, euch fehlt Star Trek.

Der Michel ist mit der Vision Gene Roddenberrys von einer besseren Welt aufgewachsen.

"Star Trek - Next Generation" entwarf eine Zukunftsvision, in der die Menschheit ihre Erbsünden erkannt und hinter sich gelassen hatte. Krieg, Kapitalismus, Intoleranz, Diskriminierung, Geld - alles Schnee von gestern. Die ganze Show durchzog ein tief empfundener Humanismus, Hoffnung und der Glaube an die Lernfähigkeit der Menschheit hin zum (moralisch) Besseren.

Ich habe STNG geliebt. Möglicherweise ist die Serie eine der Ursachen für meine humanistische, optimistische Grundhaltung.

STNG war nie nur Science Fiction. Der Reiz der Serie lag in der Auseinandersetzung der Menschheit mit ihren Schwächen und deren Überwindung. Das Science Fiction - Schischi drumrum war eigentlich nur das Vehikel für großartige Geschichten über alle Facetten von Menschlichkeit. Damit vermittelte STNG eine hoffnungsvolle Vision einer Zukunft ohne Armut, Krieg, Neid und Intoleranz und einer Menschheit, die auf Kooperation, Toleranz, Wissenschaft und vor allem Hoffnung setzt. Dabei war Star Trek nie so naiv zu behaupten, der Mensch wäre perfekt. Die Grundprämisse war stattdessen "ja, wir haben Schwächen, aber wir arbeiten daran". Das macht STNG bereits in der Pilotfolge klar, in der der Captain stellvertretend für die Menschheit für deren Sünden vor Gericht gestellt wird.

Die Kids von heute haben nichts dergleichen. Die Serien der Neuzeit sind entweder Dystopien voller Zombies, Seuchen und Superhelden auf Crystal Meth oder Drama-Kaskaden nach dem Vorbild von "Breaking Bad", voller gebrochener Charaktere, die sich einerseits für ihre Familien aufopfern, dabei andererseits notfalls auch nicht vor Lügen, Mord und Totschlag zurückschrecken. Und am Schluß steht oft kein Happy End, sondern "alle tot". Eine positive, versöhnliche Vision für die Zukunft entwirft allenfalls noch "Ted Lasso". (Schmonzes a la Arztserie, Bergdoktor und Navy CIS lasse ich mal außen vor, von wegen Zielgruppe usw.)

Dasselbe gilt für unsere Parteien- und Medienlandschaft. Da ist echt keine Instanz, die eine positive Vision einer Zukunft entwirft, hinter der sich ein gut Teil der Gesellschaft versammeln könnte nach dem Motto "Das klingt gut, das könnten wir schaffen, so wollen wir sein, lass uns das mal machen". Die einzige Partei, die aktuell so etwas wie Hoffnung für ein besseres Morgen verbreitet, sind  (ja, tatsächlich) die Grünen. Leider haben die Grünen aber a) schlechtes Timing und b) sind kommunikativ echt eher suboptimal. Ihre Vision lautet "wenn wir jetzt alle Entbehrungen hinnehmen, Opfer bringen, Gürtel enger schnallen und die Arschbacken zusammenkneifen, dann, aber nur dann könnten wir es schaffen, dass die Zukunft nicht ganz so scheiße wird".

Mitreißend geht anders. Eine Gesellschaft, die es sich so in ihrem relativen Wohlstand bequem gemacht hat, bekommt man damit nicht auf seine Seite.

Der Rest der Parteienlandschaft ist aber NOCH schlimmer. Laut AfD und BSW geht Deutschland morgen den Bach runter. Auch laut CDU ist morgen Apokalypse, außer alle wählen ganz bald CDU. In dem Fall drehen wir die Uhren 50 Jahre zurück, und alles wird gut. Währenddessen fabulieren FDP und SPD bei Wählerstimmen im einstelligen Prozent-Bereich einen von "Volkspartei" und dass ohne sie in der Regierung ebenfalls alles verloren ist. Der Wähler hat also beim Gang an die Urne lediglich die Wahl, welches apokalyptische Szenario ihm mehr zusagt. 

Trotzdem ist es mir ein Rätsel, warum man Parteien wählt, die keinerlei positive Zukunftsperspektive bieten. Glaubt hier wirklich jemand, weil AfD gewählt wird, fährt auch nur ein Bus mehr auf dem flachen Land? Gibt es mehr Ärzte in Outback? Mehr Arbeitsplätze, mehr Geld im Portmonnaie, mehr Zufriedenheit? 

Im  Gegenteil. Die Angst vor Fremdenfeindlichkeit wird die polnischen Erntehelfer in andere Bundesländer treiben. Ärzte aus dem Ostblock werden weiterziehen an Orte, wo sie keine Angst haben müssen, dass ihre Kinder auf dem Schulhof angepöbelt werden. Und der Busfahrer mit ukrainischem Pass, der soeben noch die letzten thüringer Dörfer abgefahren hat, zieht lieber woanders hin, wo die Leute ihn nicht scheel von der Seite anschauen. Von den polnischen Altenpflegerinnen, rumänischen Putzhilfen und kurdischen Dönerverkäufern gar nicht zu reden.

Trotzdem wählt der Osten aktuell Faschisten und applaudiert dami einer Partei, die von sich selbst sagt "wenn es Deutschland schlecht geht, geht es uns gut". So wählen und sich gleichzeitig für einen Patrioten halten ist absurd.

Wenn man aktuell Interviews mit Wählern aus dem Osten zum Thema AfD sieht, mäandern die Aussagen zwischen "sollen die mal zeigen, was sie können" und "ich glaube nicht, dass das Nazis sind". 

Sorry, aber wer die nazigescheitelten, Hitlerbärtchen tragenden Hetzredner und -rednerinnen für harmlose, wohlmeinende Menschenfreunde und Demokraten hält, der glaubt auch, Trump wäre ein großer Staatsmann und begnadeter Unternehmer. Und was Rechte so können, kann man sich überall dort anschauen, wo sie politische Verantwortung tragen. Zusammengefasst: Nichts.

Was sie wollen, kann man sich dafür in all den Staaten anschauen, wo Nazis oder Ultrarechte regieren, das "Playbook" ist fast immer dasselbe. Kritische, öffentliche Medien verbieten, behindern und schleifen. Den Staatsapparat umbauen und wichtige Ämter mit Sympathisanten besetzen. Geheimdienste zum Ausspähen politischer Gegner nutzen. Die Kunstfreiheit einschränken. Und schließlich die Justiz im eigenen Sinne umbauen, damit man ungehindert schalten und walten kann, wie man lustig ist. Und natürlich sich auf Staatskosten die Taschen vollmachen. Währenddessen spielt man der Bevölkerung patriotisches Kasperle-Theater vor, während man nach und nach Bürgerrechte schleift.

Mit anderen Worten: Wenn Rechte in Verantwortung kommen, machen sie genau das, was sie bis dahin allen anderen Parteien vorgeworfen haben. Und nichts davon kommt dem "kleinen Mann" zu gute, der sie gewählt hat.

Kann jeder sehen, der Augen hat und mehr als 3 Gehirnzellen. Aber viele entscheiden sich lieber dafür, all das zu leugnen und versammeln sich stattdessen hinter einer Partei, die ihnen nichts bietet als die Spiegelung der eigenen, pessimistisch-defätistischen Weltsicht. Man könnte es fast als eine Art Amoklauf an der Wahlurne  bezeichnen: In Kauf zu nehmen, dass einem selbst aus der eigenen Wahlentscheidung nichts Gutes erwächst, solange man nur andere ebenfalls damit schädigen kann. Selbstmordattentäter beabsichtigen ähnliches.

Wie wird man so? Wieso haben scheinbar vor allem Deutsche Lust darauf, in Weltuntergangsszenarien zu schwelgen, Verschwörungstheorien zu glauben und dabei notorisch immer das Schwärzeste zu sehen? Wir brausen in fetten SUVs durch die Gegend, fressen Erdbeeren im Winter, machen Urlaub in ägyptischen 5 Sterne All Inclusive Hotels und jammern trotzdem, wie schlecht es uns geht. Wir leben in einem der sichersten, reichsten Länder der Welt mit bürgerlichen und gesellschaftlichen Freiheiten, von denen Milliarden Menschen nur träumen können, und trotzdem sind unsere Gläser immer halb leer.

Ich möchte Star Trek wieder haben. Ich möchte für die heutige Jugend die Föderation der Planeten als Vorbild. Irgendwas, was einem Hoffnung gibt. Keine FDP-Ferengis, keine CDU-Klingonen und keine AfD-Borg. 

Picard statt Höcke. Mein Motto ab sofort.

Mittwoch, 29. Mai 2024

Ej, Stadtsparkasse München,...

...ich glaub, es hackt!

So langsam gewöhnt man sich ja dran, dass überall nur noch Vollpfosten zu arbeiten scheinen und jeder Hinz und Kunz dafür was von "KI" faselt, während es mit der natural intelligence immer weiter bergab zu gehen scheint.

Aber du, Stadtsparkasse, hast jetzt echt den Vogel abgeschlossen.

Die beste Tochter von allen brauchte für ihr Auslandsstudium eine Bestätigung ihres Kontostand, in englischer Sprache, in Euro und USD.

Das ging schon damit los, dass man bei der SskM sowas keinesfalls online machen kann, sondern persönlich vorsprechen muss.

Also reist die Tochter extra zum Wochenende an, um dann festzustellen, dass die für sie zuständige Filiale freitags geschlossen hat und auch ansonsten kundenferne Öffnungszeiten pflegt wir vor dem zweiten Weltkrieg.

Na gut, dann versucht man es eben nochmal. Um dann vom Bankschalter-Primaten gesagt zu bekommen, dass man eine solche Bescheinigung KEINESFALLS ausstellen könne, schon gar nicht in Englisch und US Dollar, schließlich sei die hiesige Amtssprache ja Deutsch und die hiesige Währung der Euro.

Dass die ausländische Uni mit einem Schriebs in Deutsch nix anfangen kann - wurscht. Nicht deren Problem.

So eine Aussage hätte ich allenfalls in einer Sparkasse in Hoyerswerda oder der Eifel erwartet, wo man in der Filiale auch Pakete abgeben kann und Kindern abgelaufene Lakritzschnecken aus riesigen Schraubgläsern angedreht werden, wo ab und an noch eine Oma mit einem Tornister Reichsmark in die Filiale wackelt. Aber nicht in der Sparkassenzentrale in München. 

War das jetzt Inkompetenz oder Faulheit? Wenn nur der Euro gilt, wieso kann man dann bei euch ein Konto in Fremdwährung eröffnen? Wenn Deutsch die Amtssprache ist, wieso heißt es dann auf eurer Webseite "Online-Banking"? Und "Service-Center"? Wird laut Duden übrigens beides zusammengeschrieben. Aber das nur nebenbei.

Gut, dachte sich der Michel, dann mach ich mal einen Termin mit einem richtigen Sparkassen-Berater und lade die Leutchen dort freundlich dazu ein, mal versuchsweise im 21. Jahrhundert vorbeizuschauen.

Termin bekommt man als Nicht-Kunde nur Online und nach Preisgabe sämtlicher Kontaktdaten. Und selbstverständlich kann man nicht einfach einen Termin buchen, sondern muss "anfragen".

Gut, frage ich einen Termin an, Wunschtermin kann man sich aussuchen, ich wähle Montagnachmittag.

Dienstag(!)nachmittag meldet sich ein Azubi (!), der mit mir über den Termin reden möchte.

Da hatte sich meine Anfrage aber bereits erledigt, eine andere Lösung war gefunden.

Das Sahnehäubchen kam dann aber heute per Post. Da lädt die SskM nämlich die beste Tochter (20 Jahre alt, Studentin, kein festes Einkommen, einen niedrigen 4-stelligen Betrag auf dem Konto) dazu ein, mal über Immobilienfinanzierung zu reden.

EUCH HA'M 'SE WOHL INS GEHIRN GESCHISSEN?

Echt mal, was für Pfeifen.

Auf der Webseite der SskM kann man deren Wertekanon nachlesen. Kundenservice steht da ganz oben. Kurz vor "Leistung" und "Innovation". Man möchte für Kunden die "Extrameile gehen" und weiteres Marketing-Blech.

Liebe Leute: Für die beste Tochter seid ihr nicht mal einen Extra-Millimeter gegangen. Vielleicht ja auch, weil in Deutschland seit 1872 das metrische System gilt und die "Meile" ausgedient hat. Hat bei euch vielleicht noch niemand mitbekommen...

Montag, 6. Mai 2024

Down the rabbit hole... not funny...

Eine kurze Episode aus der crazy world of internet.

Der Michel war gerade Müll wegbringen und hoppla: Da hatte jemand seinen Versandmüll einfach mal so wild auf unserem Müllplatz abgeladen. Irgendwie kam (weil das bei uns öfter mal vorkommt und sowohl ärgerlich als auch kostspielig ist) der Alman in mir durch und ich knipste den Versandaufkleber, den der Müllsünder vermutlich aus Unwissenheit am Paket gelassen hatte (den Teil mit der Adresse hatte er wohlweislich abgerissen).

Eine kurze Online-Suche förderte einen Namen und eine Adresse zu Tage: Sherif S.

Neugierig geworden, tippte ich den Namen mal bei Google ein, um meinem unbekannten "Nachbarn" mal auf den Zahn zu fühlen. 

Siehe da: Ein LinkedIn-Profil eines ägyptischen Software-Engineers, wohnhaft in München, mit kritischer Haltung zum deutschen Staat laut seiner Aktivitäten, die LinkedIn zeigt - spooky. Gut, dass ich die Plattform bisher gemieden habe. Allerdings finden sich im Profil sogar Referenzen angeblicher Kollegen.

Etwas weiter gescrollt derselbe Name, dasselbe Gesicht, nur diesmal mit Brille, ein weiteres Linkedin-Profil. Wohnort ist wieder München, aber diesmal ist der Mensch Mechatronik-Student, anderer Lebenslauf, anderer Arbeitgeber.

Weitergescrollt. Diesmal ein Xing-Profil, gleicher Name, gleiches Foto wie beim "Studenten" gerade eben, aber anderer Wohnort (Mülheim an der Ruhr), anderer Werdegang, anderer Arbeitgeber.

Weitergescrollt. Gleicher Name, anderes Foto...aber Moment mal... der sieht doch aus wie...also, wenn mich nicht alles täuscht, erneut derselbe Typ, diesmal aber mit Sonnenbrille. Diesmal laut Xing aber Augenarzt in Niedersachsen, aber ebenfalls Ägypter. In der Ärzteliste des angegebenen Arbeitgebers ist der Herr aber nicht zu finden.

An der Stelle beende ich den Ausflug in diesen Kaninchenbau. Nicht der erste, nicht der letzte, aber wieder einer, der einen darüber staunen und grübeln lässt, was für Menschen einen umgeben und warum sie tun, was sie tun. Ich schätze mal, der Protagonist dieser Geschichte hat sich keine Tarnidentitäten überlegt, nur um seinen Müll unbehelligt in der Botanik stehen lassen zu können.