Werbung soll entweder die Vorteile einer Ware, das tolle Image einer Firma oder wahlweise auch mal die Nachteile eines Konkurrenzprodukts herausstellen. Wobei die Werbeindustrie offenbar davon ausgeht, daß wir kleinen Konsumjunkies lediglich eine willenlose Manipulationsmasse sind, denen man eine Sache nur raffiniert genug schmackhaft machen muß, dann kaufen wir auch Katzenscheiße in Dosen.
Was der neue Werbespot der Sparkasse (kryptischer Titel "Führung") vor diesem Hintergrund bewirken soll, bleibt mir allerdings schleierhaft. Darin schwärmt ein öliger Altmanager mit blonder Betontolle davon, daß die Sparkassen Finanzgruppe die allergeilste und allergrößte ist. That's it, mehr macht er eigentlich nicht. Dabei rennt er aufgesetzt dynamisch durch ein riesiges futuristisches Gebäude, das in manchen Einstellungen unangenehm an ameisenbauartige Werkhallen aus Zukunftsvisionen á la "Gattaca" oder "1984" erinnert.
Auch weil der Hauptcharakter ein wenig comichaft überzeichnet ist, soll er doch erkennbar Sympathieträger des gesamten Spots sein. Das funktioniert nur leider nicht, denn in seiner eloquenten Gelacktheit erinnert er an sämtliche einschlägigen Negativ-Klischees vom Kaffeefahrt-Topfset-Verhökerer bis hin zum windigen Finanzberater, der der dementen Oma nochmal eine Rentenversicherung aufschwatzt. Täusch ich mich, oder taugen solche Charaktere neuerdings zum Sympathikus erster Kajüte?
Zwischendurch klaut er quasi in Vorbeihuschen einem verdutzten Kollegen den Kaffee, trinkt davon und serviert ihn dann - jetzt wird's ansatzweise anarchisch - einem offenbar wichtigen Geschäftskunden.
Der Schluß-Gag ist dann auch wieder eher ein Rohrkrepierer: Mr. Girokonto tritt in dem bisherigen kapitalistischen Protztempel aus Stahl und Glas durch eine Holztür und landet in einer x-beliebigen, winzigen Sparkassen-Filiale. Dann wird's nochmal so richtig altbacken: Der gute Sparkassenonkel begrüßt eine Kundin ("Frau Schröder") und bemerkt sofort ihre neue Frisur. "Frau Schröder" nimmt die Bemerkung geschmeichelt lächelnd entgegen und tätschelt sich verlegen den struppigen Hinterkopf. Eine Szene voller Wirtschaftswunder-Muff, aus einer Zeit, wo junge Frauen noch ungestraft "Fräulein" genannt werden durften und Peter Kraus tatsächlich ein Star war.
Wie man es auch betrachtet: Der Spot funktioniert nicht, er kombiniert lediglich verschiedene Versatzstücke des Genres, ohne diese konsequent bis zum Ende zu verfolgen. Das Ganze wirkt unausgegoren, aber trotzdem teuer, und man fragt sich, was uns "der Dichter - resp. die Sparkasse - damit sagen" wollte.
Auch der knackige Aufsagetext sorgt nicht für mehr Klarheit, sondern beweihräuchert die ganze Zeit lediglich die schier unfassbare Superduperness der Sparkassen Finanzgruppe. Dabei erinnert das ganze an die DHL-Spots der knuddeligen Gottschalk-Brothers, die auch die ganze Zeit auch einfach nur unreflektiert DHL hochleben ließen. Hier wie dort interessiert mich als Otto Normalo aber nicht, ob DHL jetzt auch am Südpol eine Filiale aufgemacht hat oder wieviele Quadrillionen Päckchen täglich von DHL durch die Botanik gekarrt werden. Solange ich noch stundenlang in Postfilialen Schlange stehen muß, um dann von einem zombiehaft bleichen Schalterbeamten zu erfahren, daß das heißersehnte Ebay-Päckchen, auf das ich seit 3 Wochen warte, leider unwiederbringlich verschütt gegangen ist, solange schick ich meine Pakete lieber mit Hermes & Co.. Da können die Gottschalks schwärmen, so viel sie wollen, meinetwegen können sie auch in den Gummibärchen-Hungerstreik treten.
Ähnlich bei der Spaßkasse. Mir ist egal, wieviele Märchenerzähler die Sparkasse beschäftigt oder ob sie das Olympische Wettdoping sponsert. Solange sie aus meinem Euro fuffzich in absehbarer Zeit keinen Euro sechzich machen kann, ist sie für Privatkunden wie mich schlicht uninteressant.
Zumindest steht der Spot aber im Kontext seines Vorgängers, in dem dieser überdreht fröhliche Hubschrauberpilot mit dem Sparkassen-Luftquirl durch die Gegend jettet, um dem hilflosen Zuschauer mittels Wolkenkratzerbeschau von der Großartigkeit der piefigen Sparkasse und ihrer superheldigen Finanzpartner zu überzeugen.
Vorschlag: Man sollte vielleicht in den nächsten Spots einen richtigen Superhelden auftreten lassen, "Captain Sparkasse" oder so ähnlich. Der rettet dann pausenlos alte Omis vor der Pleite, in dem er ihnen heimlich 100-Euro-Scheine in die Kittelschürze steckt, verdampft mittels Laserblick die Aktienpakete mieser Bankmanager oder friert per Fisherman's Friend-Atem ihre Guthaben ein. Ich stell mir da so eine Mischung aus Wolverine und Herrn Kaiser vor. Man kann auch gleich Superman zwangsverpflichten, man müßte nur das Erscheinungsbild etwas modifizieren, vielleicht so:
So eine Figur wär zwar vielleicht auch nicht gerade glaubwürdiger als Mr. Girokonto aus dem gegenwärtigen Spot, aber dafür entschieden unterhaltsamer.
Dienstag, 22. Juli 2008
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