Sonntag, 20. Juli 2008

Sarah und Marc

"Mein Name ist Michel, und ich bin Doku-Soap-süchtig."

Das wär wohl ein typischer erster Satz, wenn ich Neumitglied einer entsprechenden Selbsthilfegruppe wäre. Gottseidank ist es noch nicht so weit.
Mit sogen. Doku Soaps ist es wie mit Wasserleichen: Man will sie nicht sehen, schaut aber trotzdem hin. So auch ich.

Eines der neueren Machwerke der Branche nennt sich "Sarah und Marc -Crazy in Love" auf Pro7 und ist leider hinsichtlich des Prädikats "Doku Soap" eine komplette Mogelpackung. Die Einblendung "Dauerwerbesendung", wie man sie von Teleshopping-Schmonzes für Stahlbeton raspelnde Küchenmaschinen und diverse "Bauch-weg"-Fitnessfoltergeräte kennt, wäre hier dringend angebracht. Denn mit dem Kürzel "Doku" verbindet man ja im allgemeinen eine gewisse Authentizität, und die sucht man in dieser Show vergeblich.

Nachdem die erste Staffel ja ungefähr so erfolgreich war wie Spaghetti mit Tomatensoße , war ein Nachschlag ja zu erwarten. Obwohl auch die Hochzeitsvorbereitungen der "Pop-Prinzessin" aus der norddeutschen Tiefebene und ihres lustig deutsch-englisch daherknödelnden Marc nicht ohne dramaturgische Intervention auskam. Mag vielleicht nicht jedem aufgefallen sein, aber spätestens, als Marc sich bei der Trauung am spanischen Strand "ganz überraschend" am Piano niederließ (klar, da stehen ja überall angeschwemmte Konzertflügel rum), um ein "nur für seine Sarah" geschriebenes Liebeslied anzustimmen, ahnte man, daß man diesen "ganz persönlichen", romantischen Schmachtfetzen bald würde im Laden kaufen können. Und so kam es ja dann auch.

Doch die neue Staffel ist auch für unsereins, der ja an die ständige Cross-Promotion im TV gewöhnt ist, ein absoluter Witz. Alle paar Minuten wird entweder betont unaufdringlich über Sarahs neue CD, Marcs "Horror Nights", die Babyklamotten-Kollektion ihrer Mutter oder das demnächst anstehende CD-Debüt der kleinen Schwester geplappert.
Und wenn die Familie gerade mal außen vor ist, schneit ganz zufällig ein "Freund des Hauses" wie der nervtötende Hochzeitsplaner Frank vorbei, um ganz nebenbei auf die nächste Staffel seiner Show hinzuweisen. (Scheint es eigentlich nur mir so, oder hat nicht der trottelig-tuckige Hochzeitsplaner aus Steve Martins "Vater der Braut", der im Film ironischerweise auch "Fronk" heißt, als Blaupause für diesen Charakter gedient?
Und wer glaubt, daß der angebliche Gärtner in der letzten Folge schonmal einen Spaten in der Hand hatte, hat wirklich nicht richtig hingesehen oder genauso wenig Ahnung vom Gärtnern wie er.
Das einzige, was in diesem inszenierten PR-Overkill noch verwundert, ist, daß aus unerfindlichen Gründen die Augenpartien der Kinder konsequent unkenntlich gemacht werden. Seltsam, wo der Rest der Familie ja sonst penetrant das Licht der Öffentlichkeit sucht, mal abgesehen vom neuen Stiefvater, der entweder nie zuhause ist oder sich vermutlich immer im Schrank versteckt, wenn das Pro7-Kamerateam anrückt.

Ich hab bisher nur 2 Folgen der Staffel gesehen, aber das war auch genug. Und wer jetzt argumentiert, wenn's mir nicht gefällt, soll ich's mir eben nicht anschauen: Stimmt. Aber es ist eben wie mit den Wasserleichen...

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