Samstag, 6. Dezember 2008

Who wants to buy a Müllionnaire?

Die Münchner Abfallwirtschaft hat den Münchnern in einem Rundschreiben verboten, den Müllmännern Bares zuzustecken. Wörtlich heißt es da: "Über viele Jahre war es üblich, dass sich die Münchnerinnen und Münchner zum Jahreswechsel mit einem Trinkgeld bei ihren Müllmännern bedankten."

Dieser wunderschöne und offensichtlich uralte Volksbrauch scheint irgendwie an mir vorbei gegangen zu sein. Ich käme aber auch nie auf die Idee, einem Müllmann für sein segnungsreiches Tun extra Trinkgeld zuzuschustern. Wozu auch? Damit er zukünftig freundlich lächelt, wenn er mit seinem Müllwagen dicht neben einem durch die Schlammpfützen kachelt? Umwickeln die Jungs aus lauter Dankbarkeit die Räder der Mülltonnen mit Schaumgummi, bevor sie mit ihnen früh um 6 durch den Hinterhof rumpeln? Nö. Sie tun einfach Ihren Job, so wie jeder andere von uns auch, ohne daß bei den meisten andern Menschen jemals jemand auf die Idee käme, mit kleinen Präsenten bei ihnen Weihnachtsmann zu spielen. Außer im Taxi, beim Friseur oder in der Gastronomie sind Trinkgelder in Deutschland einfach nicht üblich, und selbst dort nur, wenn der Service wirklich gut war. Wobei wir ja prinzipiell schon aufrunden, wenn die Bedienung uns nicht beim Servieren auf den Teller spuckt. Die Erwartungshaltung der Deutschen in Sachen Kundenservice setzt ja traditionell recht weit unten an. Man ist ja schon beinah bereit, einem deutschen Kellner für ein Lächeln und die Frage "Hat's geschmeckt?" wohlwollend in die eigene Erbengemeinschaft aufzunehmen.

Zurück zu den Müllmännern. Grund für das Verbot ist wie so oft Neid, zumindest läßt die Begründung das vermuten. "Im Abfallwirtschaftsbetrieb sind nunmehr alle Bereiche und alle Beschäftigten gleichgestellt. Viele andere Kolleginnen und Kollegen mit Kundenverkehr, zum Beispiel auf den Wertstoffhöfen, bei der Sperrmüllabholung, beim Giftmobil, in der Halle 2, in den AWM-Werkstätten, auf der Deponie und im Müllhof des Heizkraftwerks leisten ebenfalls schwere Arbeit. Ihnen war eine Trinkgeldannahme schon immer untersagt."

Mit anderen Worten: Du darfst nicht mehr, weil wir auch nicht dürfen. So weit, so deutsch. Weiter heißt es: "Die Beschäftigten der öffentlichen Hand stehen besonders im Blickfeld der Öffentlichkeit. Jeder Bürger, jede Bürgerin hat Anspruch auf eine zuverlässige, pünktliche und zuvorkommende Leistungserbringung. Ein Verbot, Trinkgelder in jeder Form anzunehmen, trägt dazu bei, jeden Anschein von Vorteilsannahme schon im Vorfeld abzuwehren und fördert die Integrität des öffentlichen Dienstes."

Wobei mich natürlich schon interessieren würde, wie "Vorteilsnahme" bei einem Müllmann aussehen soll. Etwa, daß er dann schon mal ein Auge zudrückt, falls ich irgendwann den unfreiwillig aus dem Leben geschiedenen Erbonkel kostengünstig im Altpapiercontainer entsorgen will?

Damit die Jungs aber nicht ganz darben müssen, darf man Ihnen immerhin noch Sachspenden im Maximalwert von 15 Euro zukommen lassen, vorzugsweise Lebensmittel. Was wird wohl bei dieser Regelung herauskommen? Werden die Leute tatsächlich, statt den Männern in Orange wie offenbar üblich verschämt Geldscheine in die Latzhosen zu stopfen, Ihnen Care-Pakete mit Dosenwurst und Kaviar auf die Tonnen stellen? Oder werden die Müllmänner in der Vorweihnachtszeit allabendlich palettenweise Brot, Eier und Dosenravioli nach Hause karren?
Wenn ich mal eine zugegebenermaßen klischeebeladene Vermutung äußern darf: Der Trend wird wohl eher in Richtung einer Flasche Mariacron oder eines Kasten Weißbier gehen, wenn der dankbare Müllkunde nicht grade einen 10-Euro-Schein "zufällig" unter dem Mülltonnendeckel hervor schauen lassen möchte. Mit anderen Präsenten braucht man so einem Müllmann wahrscheinlich gar nicht erst kommen, selbstgestrickte Socken oder Blumensträuße verschwinden wahrscheinlich gleich postwendend in des Müllwagens gierigem Schlund.

Wobei man da auch schon wieder aufpassen muß. Denn den ein oder anderen muslimischen Müllfahrer kann man mit einer Pulle Schnaps oder einem Kilo Gehacktem ordentlich verprellen. Am Ende macht man damit nur wieder jahrelange, mühevolle Integrationsarbeit zunichte. Im Zweifel tut's da auch mal ein Tütchen Sonnenblumenkerne. Sonst kann es geschehen, daß man im Winter türkische Müllmänner dabei erwischt, wie sie bei einem im Vorgarten stehen und das Vogelhäuschen leerfressen.

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