"Na, das freut mich aber!", dachte ich.
Beim weiteren Nachdenken kamen mir aber dann doch Zweifel. Woran macht man eigentlich fest, daß eine Margarine "frisch" schmeckt, bzw. "noch frischer"? Den Fall, daß das Zeug schon beim Öffnen ranzig ist, mal ausgenommen?
Und wie stelle ich fest, daß mir Unilever (der Hersteller) hier keinen Kuschelweich-Bären aufbindet, denn wie soll ich denn prüfen, daß die neue Lätta noch frischer schmeckt als die alte? Ich hab ja in der Regel keine Geschmacksprobe der alten mehr auf der Zunge, wenn ich ein neues Packerl aufreiße.
Also alles Schummel?
Michel will's wissen. Also schnell zu laetta.de und nachgeschaut.
Wer jetzt wie ich denkt, auf den Lätta-Webseiten fände man fundierte Produktinfos, die das Geheimnis enthüllen könnten, warum die neue Lätta denn jetzt so viel frischer schmeckt - falsch gedacht. Stattdessen erwartet den neugierigen Konsumenten eine Reise in das durchgeknallt-bunte Paralleluniversum der Lätta-Werbestrategen. Die halten Lätta offenbar nicht nur für blasses, streichfähiges Pflanzenfett, sondern für eine Art Ersatzreligion.
Ein paar Auszüge:
Neben total leckeren Rezepten (z.B. "Senf-Ananas-Lätta mit Sauerkraut und Würstchen auf Pumpernickel"- hmmmm!!) kann man beispielweise sich "totale verrückte" Frühstücksideen holen.
Zum Beispiel: Frühstücken im Cabrio auf dem obersten Parkdeck des Parkhauses. Crazy!
Oder einfach Frühstück im Bett. Irre!
Oder der ultimative Frühstückstipp für notgeile Singlefrauen: Lättabecher schnappen, Schleife drum und damit beim schmucken Nachbarn klingeln. Denn nichts macht einen Mann geiler als ein Becher Halbfettmargarine.
Da weiß man gleich, warum die Olle noch Singel ist.
Immerhin: Immer noch besser, als dem verdutzten Nachbarn gleich eine Tube Gleitcreme in die Hand zu drücken. Da ist ein Becher Lätta schon noch etwas subtiler, wenn auch nicht sehr.
Für jeder dieser total crazy Ideen gibt es dann auch eine Checkliste, damit man auch ja nicht vergißt, wie Frühstücken geht. Margarinefressen macht also scheinbar nicht nur einsam, sondern auch noch strunzdumm.
Zumindest wird spätestens hier klar, an wen sich das ganze Gedöns wendet: Den vielumworbenen urbanen Single in der werberelevanten Zielgruppe. Rentner, Hartz4-Empfänger und Dorfbewohner lassen also bitte zukünftig ihre erdverkrusteten Griffel von der kultverdächtigen Brotschmiere.
Der Knaller aber ist die Rubrik "Lätta macht fit". Da darf man nämlich erfahren, wie sich die Unilever-Werbefuzzis den Tagesablauf des Lättakonsumenten vorstellen (Originaltext):
"7.30 Uhr - Der Wecker klingelt, du machst die Augen auf. Gähnst. Normalerweise ist noch einmal Umdrehen angesagt. Heute nicht! Heute geht die Bewegung schon in der Horizontalen los. In Rückenlage die Beine nach oben strecken und kräftig ausschütteln. Danach linkes Knie und rechten Ellbogen zusammenbringen - je Seite 6 mal wiederholen."
Geht's noch? Soll mir das Margarinebrot vom Vorabend wieder hochkommen, oder was? Wenn ich um 7.30 Uhr anfange, im Bett herumzuzappeln, kann ich davon ausgehen, daß sich dann wie von allein verschiedene Knie und Ellbogen auf mich zu bewegen, allerdings nicht meine eigenen.
"8.00 Uhr - Eine warme Dusche ist kuschelig, macht aber nicht fit. Jetzt kommt die Powerdusche. Du wagst es und drehst den Hahn auf "kalt". Einfach wunderbar."
Wow! The crazy world of Lätta Adventures! Die kalte Dusche als Polarexpedition des kleinen Mannes. Das flasht!
"8.30 Uhr - Zum Lätta Frühstück, ein frisch gepresster Saft Papaya-Ananas-Saft; Apfel-Möhre mit Minze oder Karotte-Orange. Klingt gut, schmeckt gut."
Sieht aus wie Durchfall, schmeckt wie eingeschlafene Füße.
Nochmal zum Mitmeißeln: Zu einer Tageszeit, wo der durchschnittliche Großstadt-Werbe-Knallkopf sich gerade die letzten Koksreste aus der Nasenfalte kratzt, soll ich mich nach der Eisdusche in die Küche stellen, Grünzeug schälen, schnippeln, entkernen und durch den Mixer jagen? Von der ganzen Schweinerei mal abgesehen: Schon mal was von Kaffee gehört?
In diesem Stil geht das den Rest des Tages weiter. Was mich wundert: Ich hatte erwartet, daß man mir dabei empfiehlt, mich den ganzen Tag mit Lätta vollzustopfen oder einzureiben, aber nichts dergleichen. Der ultimative
Liebe Werbefuzzis: Da hat aber einer das Konzept von der Weltherrschaft durch Margarinekonsum irgendwie nicht zu Ende gedacht.
Aber zumindest haben wir gelernt, daß der durchschnittliche Lätta-Fresser in Städten wie München, Hamburg oder Berlin wohnt, Single ist und lauter Freunde hat, die auch Singles sind, gern komische Sachen ißt, die teuer klingen und Scheiße schmecken, und in Nachmittags-Meetings gerne mal ein Nickerchen macht. Ein wirklich beneidenswerter Lebenswandel.
Und wißt ihr, liebe Werbestrategen, an wessen trostlose Existenz mich das erinnert? An eure.
Nun ist es zwar (noch) nicht strafbar, das eigene klischeehafte Dasein zwischen Blackberrygefummel und After Hour Margarine-Orgien zum role model zu erheben, aber ich halte es zumindest für a) unseriös und b) öde wie aufgeweichtes Knäckebrot.
Zurück zu den Lätta-Webseiten. Für die Zukunft erwarte ich mir da z.B. Beiträge zu folgenden ultimativen Lifestyle-Themen:
"Sun&Fun mit Lätta: Jetzt auch mit Lichtschutzfaktor 20"
"Crazy Ayurveda-Ideen für kühle Single-Sonntage: Mach dir selbst einen wärmenden Lätta-Einlauf!"
"Styling mit Lätta - Die 5 lässigsten Manager-Frisuren für's Meeting"
"Neue Fitnessdrinks im Test, heute: Lätta Macchiato"
"Thema Gesundheit: Was tun, wenn die Margarine beim Aufwachen noch hart ist - Problemfall Morgenlätta"
Also, Jungs&Mädels: Frisch ans Werk.
1 Kommentar:
8:00 unter der Dusche...da bin ich schon das zweite mal durchgeschwitzt aus dem Kindergarten und hab 2 Tassen Kaffee im Büro in den Hals geschüttet.....dabei ess ich auch Lätta...komisch...aber stimmt bin ja auch kein Single mehr und arbeite in der total fluffigen, superhippen, "hast du auch schon das neue IPhone" Werbebranche ;-))
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