Sonntag, 18. Januar 2009

Early Sunday Morning Brunch

...im Feierwerk in München ist ein "Musik-Frühstück für die ganze Familie". Da waren wir heute. Kann man durchaus mal machen, wenn man mal am Sonntagmorgen was anderes machen möchte als bloß ausschlafen.

Von außen sieht das Feierwerk-Gebäude ziemlich baufällig und wenig vertrauenerweckend aus, zum Glück ist es von innen etwas ansehnlicher, wenn auch nicht gravierend. Der typische stadteigene Münchner "wir wissen nicht, was wir sonst damit machen sollen, daher vermieten wir die Bruchbude an einen linksalternativen Kulturverein, der peruanische Klöppelworkshops veranstaltet"-Mehrzweckaltbau.

Alles in allem war es ein netter Brunch: Genug zu essen, Kaffee und Saft bis zum Abwinken, und das alles zum AI-Preis von 11,90 € pro Erwachsenem. Das ist für Münchner Verhältnisse nicht schlecht und lohnt sich um so mehr, wenn man morgens zu ungehemmtem Kaffeekonsum neigt. Zumal der Kaffee dort nicht sooo stark ist, daß einem ein Haferl schon reichen würde, um den betriebsnotwendigen Koffeinspiegel zu erreichen.
Allerdings ist das "early" möglichst wörtlich zu nehmen, schon 10 Minuten nach Beginn war die Bude proppenvoll. Und man sollte auch über einen hohen Toleranzpegel gegenüber Kindern verfügen, gerade auch gegenüber antiautoritär erzogenen Blagen, denn von denen flitzen da genug herum. Wenn man also ein Fleckchen sucht, wo man in Ruhe die FAZ durchblättern und dabei immer mal an seinem Weißbier nippen kann, ist man im Feierwerk denkbar falsch. Aber so jemand verirrt sich wohl eher seltener dorthin, überhaupt besteht das Publikum zu 98% aus Mittelschicht-Eltern in Öko-Strickjacken und Ralph-Lauren-Polohemden samt Nachwuchs.

Für die Kleinen gibt's im Separee Kinderkino und Bastelstube, alles komplett kostenlos. Währenddessen schlürfen die Erwachsenen ihr Käffchen und lauschen der Live-Musik. Heute gab's ein Jazz/Blues-Trio, dessen Mucke angenehm unaufdringlich durch den Raum plätscherte. Der Bassist zupfte cool und scheinbar unbeteiligt an seinem Arbeitsgerät herum*, während der beeindruckend segelohrige Gitarrist gedankenverloren in seiner eigenen Welt vor sich hin klampfte. Die Sängerin** schmachtete melancholische Jazz "the moon is my only friend"-Jazztexte in die Botanik, betont lasziv oder zumindest das, was sie dafür hielt.

Nett war auch der betont ungeschäftsmäßige Eindruck der Veranstaltung. Obwohl das Personal unermüdlich neue Teller, Wurst- und Käseplatten herankarrte, war das Bezahlen eher Nebensache. Man kam, suchte sich ein Plätzchen und begann zu essen und zu trinken. Soll jetzt zwar kein Tip sein, aber wenn man sich nach ausgiebiger Schlemmerei wieder heimlich davon gestohlen hätte, ohne was zu bezahlen, wäre das auch keinem weiter aufgefallen. Zumindest ließ die freundliche Auskunft der Kellnerin ("Sie können bezahlen, wenn sie soweit sind") eine sehr großzügige Interpretation zu.

Wir haben natürlich bezahlt. Nur, um Mißverständnissen vorzubeugen.

*) Entgegen gegenteiliger Annahmen ist der Job des Bassisten nicht primär das Spielen eines Instruments, sondern das Absenken der Raumtemperatur durch absolute, 200%ige Coolness. Hilfsmittel: Blues-Brothers-Sonnenbrille, Zigarette
Von diesem Dogma gibt es nur sehr wenige Ausnahmen, u.a. Sting, Paul McCartney, Flea.


**) Dem Typus dieser Dame, ich nenne sie mal "die Künstlerin", ist nachfolgend ein eigener Beitrag gewidmet.

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