Beim gestrigen Stadtbummel fiel mir ein bärtiger Zausel in Parka und Pudelmütze auf, der mit leicht wirrem Blick in der Fußgängerzone Flyer verteilte. Zuerst dachte ich, der Verein "Seife-nein danke!" sucht wieder neue Mitglieder, oder daß hier Produkttester für Sprengstoffgürtel angeworben werden sollen (Stichwort "Guerilla-Marketing" bzw. "Wer den Dschi hat, braucht für den Spot nicht zu sorgen"*). Aber dann entdeckte ich an seiner etwas abseits geparkten Umhängetasche den Aufkleber "Die Zukunft heißt Jesus".
'Prima!', dachte ich, 'endlich sagt das mal einer.'
Ich wollte schon immer gerne mal wissen, wie die Zukunft heißt.
Aber was wäre, wenn...?
Daß in einem solchen Fall aus allen Zukunftsforschern automatisch Jesusforscher werden würden - geschenkt. Daß aber der Held meiner Kindertage dann zu dem völlig unsexy-en "Captain Jesus" mutieren würde, wäre schon schwieriger zu verschmerzen. Ganz zu schweigen von der schwer schizophrenen Filmtrilogie "Zurück in den Jesus 1-3".
Völlig prekär wäre die Lage aber in einer Branche, die gerne mit dem Begriff "Zukunft" herumjongliert und ihn mitunter arg strapaziert: der Werbung in allen ihren Erscheinungsformen.
Ein kleiner Check bei "slogans.de":
Die Deutsche Bahn würde von heute auf morgen zum "Unternehmen Jesus" und damit vermutlich der katholischen Kirche in die Quere kommen, die ja von sich selbst dasselbe behauptet.
Bei Visa hieße es damit "Jesus spricht Visa." Aramäisch wäre somit sicher megaout. Aber wo bekommt man ein Wörterbuch "Visa-Deutsch, Deutsch-Visa"?
Sehr gelungen wäre auch "Mercedes -Benz. Der Jesus des Automobils." Vermutlich kann die neue S-Klasse dann auch übers Wasser fahren.
Die Deutsche Bank hinge mal wieder mit "Der Jesus kann kommen" schlappe 2000 Jahre hinterher. Aber dasselbe Kreditinstitut behauptet ja auch, Vertrauen sei der Anfang von allem, und steht damit zur Urknalltheorie genau so in krassem Gegensatz sowie zum Buch Genesis.
Schön fände ich auch: "Magdeburg - die Stadt mit Jesus". Ein langhaariger jüdischer Rabbi als Galeonsfigur der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts, das gäbe sicher ein großes Hallo in der rechten Szene.
Uhrenhersteller Seiko macht dagegen offenbar plötzlich in Reliquien mit "In jeder steckt ein Stück Jesus". Die entsprechenden Chronometer dürften unter Gläubigen reißenden Absatz finden. Zumal man damit auch Wunder wirken und Blinde sehend machen kann.
Etwas provokant wird's bei gofeminin.de. "Jesus ist weiblich" wäre zwar ganz schön revolutionär, aber auch ziemlich irreführend, denn das Portal richtet sich mitnichten an Emma-Leserinnen. Zum Beweis sei beispielgebend die heutige Headline genannt: "Star-Diäten: Abnehmen wie Heidi Klum & Co."
Ein zwar alter, aber dafür umso schönerer Slogan der Firma Blaupunkt würde nach der Neuordnung der Verhältnisse "Jesus eingebaut" lauten.
Da sag ich nur "Wow!".
Hülsta priese sein Produkte mit "Möbel mit Jesus" an und träfe damit voll ins Schwarze. Denn wie jeder weiß: Jesus war ein Zimmermann.
Einzig die Bundeswehr hat mich schwer irritiert. "Karriere mit Jesus" hätte ich aus dieser Richtung am allerwenigsten erwartet.
*) Man, war der schlecht...
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