Mittwoch, 21. Januar 2009

Spotschau

Daß uns Werbung bzw insbesondere Fernsehwerbung eine Scheinrealität vorgaukeln, die einer seriösen Überprüfung keinen Kaninchenpups lang stand hält, dürfte wohl nach den werbetechnischen Flächenbombardements der letzten Jahrzehnte auch der letzte Dschungelbewohner gemerkt haben.

Schon als kleiner Junge hab ich mich immer gefragt, wieso die seltsame Hausfrau im Fernsehen immer gleich kurz vorm Kollaps war, nur weil ihre Gäste ihre Kaffeetassen nur halb ausgetrunken hatten. Aber noch bevor sie aus lauter Verzweiflung ihre ondulierte Rübe in den Gasherd stecken konnte, kam jedesmal die immer fröhliche Drogendealerin von nebenan namens Frau Sommer mit einem Sack Jacob's Dröhnung vorbei, und die Welt war wieder in Ordnung. Merke: Der Mutti wird das Leben schwer, trinkst du nicht deine Tasse leer.

Oder: Weißer Riese. Eine durchgeknallte Hausfrau spannt eine Wäscheleine gefühlt einmal quer durch Schleswig-Holstein und zurück und hängt sie auch noch mit Wäsche voll. Einfach so. Nur um mal auszuprobieren, ob eine Packung Weißer Riese das tatsächlich schafft. (Nach dem Motto: Mal kucken, ob es wirklich blutet, wenn ich den Kopf in die Kreissäge halte.)

Das war mir schon als Kind nicht geheuer. Ich hab mich dann immer gefragt, was die wohl machen, wenn's jetzt anfängt zu regnen. Mal auf die Schnelle geschätzte 2000 Bettlaken, Hemden und Hosen ins Trockene zu bringen dürfte nicht ganz einfach zu bewerkstelligen sein.
Heute frage ich mich eher, wo die Tussi die ganzen Klamotten her hatte. War sie etwa Chefin eines gut gehenden Stundenhotels?

Im Spot schweigt man sich darüber aus. Auf die wirklich brennenden Fragen unserer Zeit gibt die Werbung eben keine befriedigende Antwort.

Auch in letzter Zeit stoßen mir zwei Werbefilmchen auf, die ich einfach nur unverschämt dämlich finde.

Numero Uno: Milchschnitte mit Magdalena Brzeska

Mal abgesehen von dem etwas eigenartigen Satz "Dabei bleibe ich immer ich - Mag-da-läähna." (Wer sollte sie denn sonst sein? Etwa Wladimir Klitschko?) finde ich es immer ziemlich verantwortungslos, wenn Leistungssportler ihre Reputation in den Ring werfen, um irgendwelche Süßigkeiten anzupreisen. Besonders perfide wird es, wenn sie dabei auch noch (ihre eigenen) Kinder in den Vordergrund schieben und dem Konsumvolk vor der Flimmerkiste suggerieren, der Süßkram wär so unglaublich leicht und nicht belastend ("mit besten Zutaten"), daß man seiner Nachkommenschaft scheinbar kaum etwas besseres antun kann, als sie kartonweise Milchschnitten verspachteln zu lassen. (Milchschnitte hat ungefähr den gleichen Brennwert wie 100g Kassler oder 2 Baby-Bel.)

Das mag vielleicht sogar dauerhaft funktionieren, vorausgesetzt man hat Kinder, die den ganzen Tag durch die Grünanlagen flickflacken, als wären Barbie, Gameboy und Big Mäc noch nicht erfunden worden. So einem Kind kann vermutlich auch eine halbe Sachertorte pro Tag nichts anhaben. Aber seien wir mal ehrlich: Wie viele Eltern nennen tatsächlich ein solches Super-Kid ihr Eigen?

"Ganz einfach: Was gut für mich ist, ist auch gut für meine Kinder."
Aha. Ab und an mal ein Gläschen Wodka (zur Verdauung, versteht sich) und ein hochspannender Psychothriller im Nachtprogramm - gut für mich, gut für die Kinder. Ganz einfach, oder?

Wobei ich weder etwas gegen Milchschnitte, noch etwas gegen (Ex-)Sportler als Werbeträger habe. Nur sollte der Mensch in puncto Glaubwürdigkeit zum Produkt passen und umgekehrt. Wenn morgen Konishiki Yasokichi der neue Ferrero-Werbeträger wird - fein. Oder Jan Ullrich und Ratiopharm - mehr understatement ginge nicht. Aber z.B. Niki Lauda und Fackelmann - das wär zwar auf makabre Art lustig, geht aber genau so wenig wie eine gertenschlanke Turnerin und Süßkram für Kinder.

Nummer 2: Der aktuelle McD.-Spot

Da steigt ein bartloser, schmalbrüstiger Hungerhaken in die Straßenbahn, klopft Sprüche und spannt einem grantigen Drei-Tage-Bart-Träger die Ische aus. Und warum macht er das? Weil er sich grad 'ne Tüte voll Fastfood gekauft hat. Ganz alleine, ohne Hilfe von Mami!
Da kann so einer schon mal stolz auf sich sein.

Mäcces will uns nun glauben machen, dieser Don Quijote-Verschnitt könnte sich, nur bewaffnet mit einer Handvoll Pommes, mit dem Latin Lover ein Sprücheduell um die Gunst der holden Juanita liefern. Und auch noch gewinnen!

Mal abgesehen davon, daß ich mich frage, welche psychotropen Substanzen Mäcces so in seine Buletten mischt, damit einer so derartig die Realität aus dem Glubschauge verliert wie Mr. McChicken-Brust in dem Spot, wird vor dem Einsetzen der realen Handlung leider ausgeblendet. Die sieht zu 99% in etwa so aus, daß der Dreitagebart mit dem Spacko den Boden aufwischt und ihm den Inhalt seiner Freßtüte ins Rektum schiebt. Anschließend fängt sich Spacko von Juanita auch noch ordentlich eine ein und wird aus der fahrenden Straßenbahn geschmissen.

Für diese "special extended version" würd' ich mir sogar einen BigMac kaufen. Ehrlich.

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