Montag, 14. September 2009

United we stand, devided we fall

Vor dem Eindruck des heutigen gestrigen TV-Duells muß man eigentlich zu genau derselben Frage kommen, die Moderatoren und Zuschauer vor und nach der Sendung stellten: Wenn Merkel und Steinmeier schon wie ein altes Ehepaar wirken, warum machen Sie dann mit der großen Koalition nicht einfach weiter? Natürlich beeilten sich beide umgehend, dem Publikum zu versichern, daß es ja doch ganz schön viele Unterschiede gäbe, was die jeweilige Politik angeht.

Ach ja?

Der einzige wirklich deutliche Kontrastpunkt zwischen beiden Kandidaten bzw. Parteien ist das Thema Kernenergie. Steinmeier will raus, Merkel nicht, wobei sie sich so beim einzigen Thema, bei dem die Kanzlerin ausnahmsweise klar Profil zeigt, auf dünnes Eis begibt.

Sonst ist alles Friede, Freude, Wählerschwund. Beide wollen sie Steuern senken, Arbeitslosigkeit bekämpfen, Renten sichern, in Afghanistan bleiben und auf keinen Fall was mit der Linken machen. Wie sie das machen wollen, sagen sie im Falle von Frau Merkel entweder nicht oder ergehen sich wie im Fall von Steinmeier in langatmigen Erklärungen, bei denen viele Zuhörer nach der Hälfte einnicken. Nun, zumindest hat der Mann so etwas wie eine Vision*. Leider ist Steinmeier nur selten in der Lage, dies auch glaubhaft zu vermitteln. Meist kuckt er nur wie Onkel Uhu nach der Wurmkur verkrampft drein und markiert den Erklärbär. Man gewinnt den Eindruck, daß er sich als stiller Diplomat und Strippenzieher im Hintergrund viel wohler fühlt als im Rampenlicht der Kanzlerkandidatur.

Merkel ist aber nicht besser. Mit hochgezogenen Schultern quetschte sie sich zum Ende des "Duells" (Pistolen auf 10 Schritt wären gnädiger gewesen, vor allem für die Zuschauer) noch ein Lächeln aus dem Hirnkasten, das war's dann.

Die sage und schreibe vier Moderatoren bemühten sich redlich, mit provokanten Fragen dem öden Schlagabtausch so etwas wie Schwung einzuhauchen - leider vergeblich. Von einem TV-Duell nach US-Vorbild hatten sich sicher viele ein rhetorisches Feuerwerk und eine kontroverse Diskussion erhofft, vergleichbar mit einem Tennis-Match zwischen John McEnroe und Ivan Lendl (erinnert sich noch jemand an die beiden?). Manch ein Wankelmütiger hatte vielleicht sogar auf eine richtungsweisende Initialzündung in Richtung des einen oder anderen Kandidaten gewartet. Er dürfte enttäuscht worden sein.

Kaum einer, der heutzutage den Politikzirkus nicht mit einer gewissen Distanz als grandiose Inszenierung wahrnimmt, die x-te Wiederholung des Stücks "Parlamentarische Demokratie" in 5 Akten. Aber wenn schon Theater, dann sollten die tragenden Rollen wenigstens nicht mit Mutter Baldrian und Prinz Valium besetzt werden.

Hätten wir nicht viel lieber einem verbalen Schlagabtausch zwischen Gysi und Westerwelle zugeschaut? Oder wenigstens zwischen Westerwelle und Trittin?

Ich weiß noch immer nicht genau, wo ich mein Kreuz machen soll... da hat mir auch der Wahl-o-mat nix geholfen.

Dem interessierten Leser möchte ich noch zwei wirklich lesenswerte Spiegel-Online-Artikel empfehlen, den und den. Beide beschäftigen sich pointiert und scharfsinnig mit der "Krise des Konservativen".


*) Wobei Helmut Schmidt ja gern mit den Worten "Wer Visonen hat, sollte zum Arzt gehen." zitiert wird. Ich hab das Programm gelesen - schmissig, aber für eine SciFi-Kurzgeschichte viel zu trocken. Möchte mal wissen, was der Mann sich so einwirft, um sich ein derartiges Shangri-La-Germanien auszudenken. Aber immerhin...

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