Was soll ich sagen: Schon wieder ist das wiedervereinigte Deutschland ein Jahr älter. Und ich hab's nicht mal gemerkt. Erst, als ich am Freitagnachmittag kurz was einkaufen wollte und im Supermarkt ein Andrang herrschte wie sonst nur vor den Weihnachtsfeiertagen, dämmerte mir, daß ja Nationalfeiertag ist. NATIONALFEIERTAG!
Wie kann man ein solch stolzes Ereignis nur derartig verpennen? Ich meine, wir reden hier schließlich von dem Feiertag der Deutschen. Darf man den eigentlich so einfach vergessen?
Natürlich darf man. Und das liegt nicht nur daran, daß wir unter einer Schwarz-Gelben Sparregierung vielleicht bis auf weiteres nicht mehr viel zu feiern haben werden. Es liegt auch daran, daß wir Deutschen uns immer reichlich unattraktive Jahreszeiten zum Feiern aussuchen. Wir hatten 1990/91 schließlich die Wahl, wir hätten uns einen besseren Termin zum Feiern aussuchen können als im feuchtkalten Herbst. Zwischen Fronleichnam Anfang Juni und dem Reformationstag am 31.10. liegt eine ewige Durststrecke ohne einen einzigen Feiertag, gemildert lediglich durch Maria Himmelfahrt am 15.08. (allerdings auch nur in 2 Bundesländern). Da hätten sich massig Gelegenheiten für einen schönen neuen Feiertag geboten, sogar für eine ganze Nationalfeier-Woche.
Warum also nicht mal ein schöner Termin mitten im Hochsommer? Mit Bar-B-Q, Badespaß und einer lauschigen Sommernacht?
Aber nein. Wär' vermutlich zu einfach gewesen.
Während andere Staaten der nördlichen Hemisphäre incl. unserer europäischen EU-Kollegen viel cleverer zu Wege gegangen sind und sich an ihren Nationalfeiertagen die Sonne auf den Bauch scheinen lassen (manche Länder sogar zweimal, siehe Kroatien), kucken wir am 3.Oktober den Bäumen beim kahl werden zu und drehen schon mal die Heizung auf. Die rechte Feierstimmung stellt sich so nicht ein.
Aber mit Nationalfeiertagen hatten's die Deutschen noch nie so. Immer suchen wir uns Ereignisse aus, bei denen einem nach vielen Dingen zumute ist, nur nicht nach feiern. Unsere Feiertage rochen oft nach Pulverdampf, und wenn wir mal ein etwas weniger kriegerisches Datum gefunden hatten, war's damit nach ein paar Jahren wieder vorbei. (wer es nachlesen möchte, hier bei wikipedia.de)
Egal, zu welchem Anlaß und zu welcher Jahreszeit deutsche Nationalfeiertage nun gefeiert wurden: Feiern war und ist auf deutschem Boden ohnehin immer relativ. Statt Party, Punsch und Pflaumenkuchen hat es bei uns stets nur für Pathos, Panzer und Philister gereicht. Schlimmer noch: Das einzige, was bei Google Videos zum Thema "national holiday Germany" zu finden ist, ist weder eine Merkel-Rede noch ein Wettbewerb im Sauerkrautessen, auch kein Homevideo von auf der Mauer tanzenden Deutschen mit Puschelfrisuren und Stone-Wash-Jeans, sondern drei Konzertmitschnitte von Tokio Hotel.
Das ist mal richtig gruselig.
Sonntag, 4. Oktober 2009
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