(so werden Sie doch angeblich bei sich zuhause genannt): Zunächst mal herzlichen Glückwunsch zum Rücktritt. Für einen Moment hätte man glatt glauben können, Sie wären tatsächlich der geradlinige Frakturredner, der messianische Volkstribun, als der Sie sich auch dabei wieder in Szene gesetzt haben. Sogar ich hab am Schluß ein paar Tränchen verdrückt… naja, wenigstens beinahe.
Wo lernt man sowas? Von ihrem Kumpel Tom Cruise vielleicht?
Wie meinen, Ihro Gnaden? Zu zynisch? Mitnichten.
Zynisch ist es, seine Kinder vorzuschieben, wenn es um den Diebstahl geistigen Eigentums geht.
Zynisch ist es, die halbseidene Doktorarbeit zwischen den Särgen toter Soldaten zu verstecken.
Zynisch ist es, sich als Gralshüter der Aufrichtigkeit aufzuführen, die eigene Aufrichtigkeit aber allzeit nur scheibchenweise, angepaßt an die jeweilige Beweislage, zu verteilen.
Zynisch ist es, sich unwidersprochen öffentlich als Lügner und Betrüger bezeichnen lassen zu müssen und dann noch für sich in Anspruch nehmen zu wollen, man hätte vorbildhaft gehandelt.
Gut , daß Sie weg sind. Ich befürchte nur, daß Sie irgendwann wieder auftauchen werden. Denn daß Betrügereien aller Art in der CSU eine Art Ritterschlag bedeuten, weiß man nicht erst seit Franz-Josef Strauß.
Zumal bei Ihren Parteifreunden schon jetzt darüber spekuliert wird, zu welchem Zeitpunkt Sie denn noch für welche Ämter in Frage kämen. Angeblich seien Sie ja so ein großes politisches Talent, heißt es.
Was das genau bedeutet, weiß niemand. Eigentlich sind Sie in wenigen Jahren nur fünf Mal bemerkbar politisch in Erscheinung getreten: bei der Opel-Krise, beim Kunduz-Bombardement, bei der Gorch-Fock-Geschichte, bei Ihren Umgang mit der Plagiats-Affäre und bei den Ansätzen der BW-Reform. Und jedes Mal haben Sie’s mehr oder weniger vergeigt. Etwas Handfestes geleistet haben Sie bisher nicht.
Ihre Beliebtheit scheint lediglich auf der Tatsache zu beruhen, daß Sie der erste waren, der den Krieg in Afghanistan auch so genannt hat und auch sonst das (beim genaueren Hinschauen weitgehend substanzlose) Image eines volksnahen Klartextredners pflegen. Sie schienen damit die Sehnsucht der Deutschen auf einen Politiker vom „alten Schlag“ zu beantworten: ehrlich, bodenständig, geradeheraus. Dumm nur, daß Sie nicht damit gerechnet haben, daß sich das mal als Bumerang erweisen könnte.
Schwamm drüber. Noch immer sind Sie unerklärlicherweise bei einer breiten Masse von Menschen recht beliebt. Und zwar so beliebt, daß man Ihnen, kaum daß Sie die politische Bühne betreten hatten, schon den Job des Bundeskanzlers angedient hatte. So beliebt, daß Sie vermutlich auch den Eisbären Knut am offenen Feuer hätten grillen können, ohne daß dies Ihrer Beliebtheit Abbruch getan hätte.
(Wäre sicher wieder ein schöner Fototermin geworden, das. Sie, in Fliegermontur, die Wandergitarre lässig auf den Rücken geschnallt und das Tranchierbesteck in den manikürten Fingern, wie Sie Ihrer
Aber ich schweife ab. Das sind Szenen von gestern, die so gar nicht mehr vorkommen können. Weil Sie ja gar kein Kriegsminister mehr sind. Und weil es deshalb keine kernigen Frontreportagen mit Ihnen mehr geben wird. Stattdessen wird jetzt Herr de Maizière in Kunduz Hände schütteln und Särge tätscheln. Ein Mann übrigens, der ähnlich prominent und militaristisch vernetzt ist wie Sie, ebenfalls einen Adelstitel mit sich herum schleppt und zumindest in Teilen eine ähnlich fragwürdige Bodenhaftung besitzt. Feiert er denn seine vorweihnachtliche Terror-Panikmache noch immer als großen Erfolg im Kampf gegen den Terrorismus, obwohl sich die damaligen Anschlagswarnungen längst als Hoax erwiesen haben.
Nun sind Sie schon einen ganzen Tag weg, und schon kommt mir Deutschland kälter und dunkler vor. Könnte aber auch einfach nur daran liegen, daß es mittlerweile 23 Uhr ist und draußen arktische Winde blasen.
Was macht so einer wie Sie jetzt, so ganz ohne Job und Doktortitel? Schon arbeitslos gemeldet und Stütze beantragt? Vermutlich nicht. Dank des punktgenauen Rücktritts am 1. März kriegen Sie sowohl für März als auch für April nochmal gut Geld vom Steuerzahler. Ging es Ihnen mit dem späten Rücktritt etwa nur um die Kohle? Wollten Sie als „junger Familienvater“ am Ende nur Ihre Lieben optimal versorgt wissen? Da fällt mir ein: Sie sind ja Multimillionär! Puh, da bin ich aber froh, daß Sie jetzt nicht stempeln gehen müssen. Würde Ihnen sicher schwer fallen, Jobs als Spargelstecher und Müllsortierer abzulehnen, so katzengleich vital, wie Sie sich immer gegeben haben. Wie Sie allein noch bei Ihrem Auftritt in Kelkheim von der Bühne federten, das war ein Beinah-Stagediving. Großartig.
Wo wir nun festgestellt hätten, daß Sie wohl nicht demnächst dem Hungertod anheimfallen werden, bleibt mir nur, Ihnen alles Gute für Ihre neue Karriere in Hollywood zu wünschen.
Im Ernst: Mit dem Look von Guy Pearce aus „L.A. Confidential“, dem bieder-konservativen Image eines Kevin Costner und zahlreichen filmreifen PR-Auftritten dürfte der Schauspiel-Karriere kaum etwas im Wege stehen.
Ohnehin hätte ich mir gewünscht, daß irgendein Multimedia-Tüftler ein paar hübsche Szenen mit Ihnen zusammenschneidet, mit Jack Nicholsons Monolog aus "Eine Frage der Ehre" unterlegt und das Video bei Youtube reinstellt. (Wenn das jemand jetzt als Aufforderung versteht: Es ist auch eine!)
Oder gehen Sie nach Italien. Weiß Gott, dieses Land kann Politiker gebrauchen, sogar solche wie Sie. Gegen Männer vom Schlage eines Berlusconi sind Sie in der Tat ein Waisenknabe. Und in Italien wird man zur Krönung schon mal „Dottore“ genannt, obwohl man gar keinen Doktortitel hat. Wenn Sie das mal früher gewußt hätten…
So, Sie abgesägte Wettertanne, dann noch viel Spaß im Leben nach der Politik. Und immer dran denken, frei nach Sepp Herberger: „Nach der Politik ist vor der Politik.“
Ihr
PS: Die Allegorie von der Wettertanne, die Ihre Frau da aus dem Hut gezogen hat, sollten Sie schleunigst wieder loswerden und schon gar nicht nachplappern. Meyer’s Lexikon weiß über Wettertannen nur wenig mehr zu berichten, als daß sie eigentlich „oft halb oder ganz abgestorbene, knorrige, gebleichte und flechtenbehangene“ Fichten sind.
1 Kommentar:
warum hab ich irgendwie das Gefühl, dass du Kalle-Theo nich so richtch aufs Fell gucken kannst, meiner?
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