Sonntag, 1. Januar 2012

Zickende Tightbomben - der Jahresendsenf


Da ist es wieder, das Jahresende.

Wir sind soeben zurückgekehrt aus dem Kriegsgebiet der Müchner Innenstadt, wo seit 23:45 Uhr zurückgeschossen wird. Getreu dem Motto "Pulverdampf und heiße Lieder" (ein alter Elvis-Film) wurde der Finanzkrise der Kampf angesagt, in dem die hiesigen Dorfbewohner ihre sauer verdienten Euros gegen bunt funkelnde Lichtchen und einen Tinnitus eintauschten. Und seltsamerweise schienen ausgerechnet die Migranten aus Kriegs- und Krisengebieten den meisten Spaß an der Ballerei zu haben. Wir, das heißt die schönste Münchnerin und ich, haben unterdes genug Pyrotechnik eingeatmet, daß wir dafür auch ein Jahr lang ein Häuschen direkt an der Autobahn hätten beziehen können. Rein feinstaublich betrachtet, versteht sich.

Die Bezeichnung "Krisengebiet" traf auch in diesem Jahr wieder beinah auf den ganzen Planeten zu.
Das Jahr begann mit dem gefühlt elften "Jahrhundertwinter" des 21.Jahrhunderts, danach folgten in loser Folge der arabische Frühling, der EHEC-Sommer und der Terror-Herbst. Wochenlang versuchten deutsche Behörden zu klären, ob nun die Spanier oder doch eher die Holländer uns nun mit Killer-Gurken oder Todes-Tomaten vom Planeten putzen wollen. Am Ende konnte die deutsche Rüstungsindustrie aufatmen: die Epidemie war hausgemacht, auch 2011 machte demnach den Deutschen in Sachen exportierter Tod kein anderes Land was vor.

Aber auch anderso auf dem Planeten wurde eifrig am Untergang der Menschheit gewerkelt. Das brasilianische Parlament z.B. dachte sich, daß es im UNESCO-"Jahr des Waldes" eine gute Idee wäre, zukünftig noch mehr Regenwald abzuholzen als bisher. Gegen soviel geballten Zerstörungswillen konnte auch Peer Kusmagk als amtierender Dschungelkönig nichts ausrichten.

Die wohl überraschendste Erkenntnis 2011 war aber wohl, daß Aserbaidshan zu Europa gehört. Etwas, was auch die meisten Aserbaidshaner überrascht habe dürfte, sofern sie von dieser geografischen Neuorientierung überhaupt etwas mitbekommen haben.
Wer davon nichts gehört hat, der hat sicher auch nicht bemerkt, daß Tallinn und Turku 2011 Kulturhauptstädte Europas waren. Tallinn zeichnet sich vor allem darin aus, daß ihr Bürgermeister ein bißchen wie Benny Hill aussieht, während Turkus Bürgermeister vor allem zeigt, daß er total gut Sachen hochhalten kann (1,2,3,4,5). Beide Städte haben gemein, daß in ihnen Sprachen gesprochen werden, die im Rest der Welt kein Mensch versteht.

Aber das geht uns Deutschen ja ähnlich. Wir werden ja nicht mal von unseren Nachbarn verstanden und neuerdings auch wieder nicht mehr gemocht. Was die fröhlichen deutschen Fähnchenschwenker zur WM 2006 aufgebaut haben, hat Madame Merkel spätestens in diesem Jahr mit dem Hintern wieder eingerissen. Mrs. Alternativlos wollte Griechenland mal retten, dann wieder nicht, mal mit  der Atomwirtschaft kuscheln, dann wieder nicht, wollte der arabischen Demokratiebewegung helfen, es sich aber gleichzeitig mit den Diktatoren nicht verderben, um es sich am Ende dann doch beinah  mit allen zu verscherzen. Zumindest die Briten sind sauer, weil wir bei James Bond oder Euro Bond nicht mehr den Goldfinger spielen wollen oder so ähnlich.

Erstaunlicherweise setzte sich neben Angies Unschlüssigkeit und der Erosion der FDP ein weiterer Trend des letzten Jahres fort: Die Deutschen haben auch 2011 die neue Lust am Bürgerprotest und direkter Demokratie beibehalten. Wobei man allerdings anmerken muß, daß sich gegen das Alkoholverbot in der Münchner S-Bahn mehr Menschen versammelten als zu so mancher Occupy-Kundgebung.


Kaputtgegangen ist in diesem Jahr auch wieder eine Menge. Alsda wären: Ein total unkaputtbares Atomkraftwerk, ein bißchen der Euro, ein bißchen die EU, ein bißchen die Demokratie, und kurz vor Schluß sogar der als unzerstörbar geltende Jopi. Letzterer blieb allerdings nicht der einzige Tote. Ede erwähnte es schon: Der Herr Lohse wird hier nie wieder einkaufen. Allerdings ist er in guter Gesellschaft, auch Inspektor Columbo wird keine neuen Fälle mehr lösen, Amy nie wieder besoffen von der Bühne fallen und der tschechische Ex-Außenminister Jiri Dienstbier nie wieder ein solches konsumieren.
Weniger schade war es um die ganzen Diktatoren und Despoten auf Lebenszeit (Ghaddafi, Kim, Berlusconi, Gottschalk), die in diesem Jahr außer Dienst gestellt wurden. Und auch daß MTV seit diesem Jahr nur noch im Pay-TV zu empfangen ist, hat wohl niemandem große Kopfschmerzen bereitet. Als wenn jemand für Klingeltonwerbung auch noch bezahlen würde.

All den Dahingeschiedenen und der chinesischen Ein-Kind-Politik zum Trotz hat die Menschheit 2011 die 7-Milliarden-Marke geknackt und wird sich auf diese Weise wohl irgendwann in die ewigen Jagdgründe reproduzieren. Falls nicht vorher doch noch jemand das Beamen erfindet und erstmal all die überflüssigen Ackermänner, Westerwelles und Guttenbergs, Katzenbergers und Bohlens ins kuschelig-warme Zentrum unseres Sonnensystems teleportiert. Und derjenige, der uns ausrechnen kann, wie lange es danach dauert, bis es auf der Erde lecker nach Gegrilltem duftet, bekommt im nächsten Jahr den Physik-Nobelpreis. Versprochen. Da kann Heino soviele Schunkel-Preise zurückgeben, wie er will.

Ich selbst bin auch in diesem Jahr wieder sowohl bei den Nobel-Preisen als auch bei der Bambi-Verleihung leer ausgegangen. Und auch den Comedy-Nachwuchspreis hat wieder ein anderer abgeräumt. Dafür ist der Michel jetzt fertiger Mediator und als solcher ganz wild auf die Streithansel dieser Welt. Leider, oder vielleicht - im Hinblick auf meine berufliche Zukunft - Gottseidank gibt es davon eine Menge. Die müßten eben jetzt nur noch ebenfalls wild auf mich werden...

Ansonsten waren wir 2011 quasi permanent im Urlaub (ich berichtete), wobei wir uns jeweils unabsichtlich mit der D-Prominenz der Republik (die Katzenberger und Tim Toupet) die Hotels geteilt haben. Wir konnten nix dafür, Ehrenwort.
Trotzdem hätten es am Ende doch noch ein paar Urlaubstage mehr sein können, wie immer. Auch das Buch-Projekt ruhte im letzten Jahr noch und harrte auf Input von meinen Lesern, das... leider nicht kam.

So, draußen ballern die letzten Schießwütigen ihre Arsenale leer. Was soll's, wenn in Afrika Negerkinder verhungern. Was ist das schon gegen das verbriefte Menschenrecht, sich am Jahresende gegen ein kleines Vermögen die Trommelfelle zu pulverisieren?

(geschrieben am Neujahrsmorgen)

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