Freitag, 18. August 2017

Die politisch korrekten Sieben

Oh Mann...eigentlich hatte ich mir ja geschworen, keine Filmrezensionen mehr zu schreiben, weil das am Ende ja doch keiner liest, wenn das hier steht - aber ich kann nicht anders.

Ich hab mir gerade die Neuverfilmung der "glorreichen Sieben" angeschaut.
Hat das echt sein müssen? Dieser Klassiker, der selbst auf einem Klassiker beruht und schon durch mehrere Sequels downgegraded wurde, hatte wirklich nicht NOCH EINEN Neuaufguss verdient.
Und schon gar nicht von Antoine Fuqua, der eher auf teils drastische Brutal-Action mit patriotistischem Pathos abonniert ist.

Aber was soll's, die ideenlose Zweitverwertungsmaschinerie Hollywoods hat mal wieder zugeschlagen.
Herausgekommen ist ein unterhaltsamer Schinken - aber nicht mehr, mit Schauspielern wie Denzel Washington und Chris Pratt, die solide abliefern - aber nicht mehr.
Da, wo im Original mit leichter Hand auch mal Humor durchschimmerte, suppt hier eher Pathos aus den Hutbändern. Wo im Original mit halbwegs glaubwürdigen Protagonisten gearbeitet wurde (arme Bauern in echter mexikanischer Bauernkulisse gegen schurkischen Räuberhauptmann), setzt die Neuverfilmung auf simple Schwarz-Weiß-Malerei: abgrundtief böser Massenmörder-Goldbaron gegen arme Bauern - die in einer typischen Western-Kleinstadt mit Saloon/Puff mitten im Nirgendwo siedeln.

Der Plot, ein weiteres ausgenudeltes Western-Klischee: Der Bösewicht will die Bauern zwingen, ihm ihr Land zum Schnäppchenpreis zu verhökern, um dort nach Gold zu suchen, die Bauern wollen lieber darauf gottesfürchtig herumfarmen.
Frage 1: Warum sollte jemand auf flachem (!) Farmland flächendeckend Gold schürfen wollen?
Frage 2: Wer ist so blöd, lieber tagaus, tagein Bauer zu spielen, wenn er auf einer Goldmine sitzt?
Frage 3: Wenn der Bösewicht in weiteren Verlauf kein Problem damit hat, den gesamten Ort mit Mann und Maus hinzumetzeln, warum dann überhaupt erst die Nummer mit dem Landkauf?

Nebenbei wird es bei aller Knallerei unfreiwillig komisch. Denn aus der kernigen Truppe um Yul Brynner und Steve McQueen hat man eine politisch korrekt zusammengestellte Mischpoke gemacht: Ein Schwarzer, ein  Asiate, ein Mexikaner bzw Latino, ein Indianer und drei Weiße, von denen einer ein religiöser Fanatiker ist und der andere einen französischen Nachnamen hat. Fehlte eigentlich nur noch, dass der dritte Weiße Schlomo Weintraub hieße - was er leider nicht tut. Sogar eine Frau ist mit von der Partie, wenn auch nur als "Sidekick" der glorreichen Sieben.
(Kleines Detail am Rande: Der Indianer wird von einem echten American Native gespielt, der allerdings aus Alaska stammt und tatsächlich "Martin Sensmeier" heißt.)

Der Rest ist Geballer. Ich will zwar nicht rumnostalgieren, aber im Original war die Charakterzeichnung besser und klarer herausgearbeitet, die Motivation der einzelnen Protagonisten eindeutiger und authetischer. Somit fiel die Identifikation mit den Akteuren leichter. Aber wo ich als Junior noch beim Tod von Charles Bronsons "Bernardo" ein Tränchen vergossen habe,  rührt sich heute nix. Denn die Kopie verläßt sich auf Knalleffekte und verzettelt sich dabei ab und an in Ungereimtheiten.
Fraglich ist z.B., warum die Holzkirche, die zu Beginn vom Bösewicht angefackelt wird und schon lichterloh brennt, dann doch noch steht, wenn auch etwas angekokelt.
Fraglich ist auch, warum in dem kleinen Ort im Verlauf der Schlacht jeder Einwohner gefühlt dreimal über den Haufen geschossen wird, am Ende aber doch genug Leute überlebt haben, um zu feiern.
Außerdem werden sämtliche Gebäude in Klump geschossen, in einem bricht gar ein Feuer aus - und am Ende sieht alles doch gar nicht so schlimm aus.

Wer überlebt, sei nicht verraten. Nur soviel: Denzel Washingtons Charakter und der Indianer werden so oder so sterben. Teilen sie sich doch zu Beginn ein Stück rohes Fleisch von einem bereits bocksteifen Hirsch. Vom rituellen Verkosten der rohen Leber eines frisch erlegten Tieres hat man tatsächlich schon gehört und gelesen. Von dem im Film zu sehenden Ritual ist eher anzuraten.

Eigentlich hätte man an der Stelle "Don't do this at home" einblenden müssen, aber da war mit der politischen Korrektheit wohl auch schon wieder Schluss.

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