Samstag, 25. Oktober 2008

Es weihnachtet sehr

Wißt Ihr, woran man in München erkennt, daß bald Weihnachten ist? An genau zwei Dingen, eines kränker als das andere.


Merkmal Nr 1: Weihnachtsnaschereien.


Nun möchte ich ja gar nicht in den Chor derer einstimmen, die sich drüber aufregen, daß schon kurz nach den Sommerferien der erste Spekulatius in den Schaufenstern steht. Denn ich für meinen Teil verfüge über eine hohe Lebkuchentoleranz und würde diese auch im Sommer mit ins Freibad schleppen, leider sind Sonnenschein und Schokoglasur eine eher unglückliche Kombination.

Was aber richtig krank ist, sind Schokonikoläuse im Oktober. Welcher Perversling knaupelt sich allen Ernstes 2 Monate vor Weihnachten einen Schokoladenhohlkörper aus der Silberpelle, um selbigen anschließend zu verspeisen? Ich meine: Ohne schlechtes Gewissen? Sie etwa? Da kann man sich auch gleich im Mai einen Weihnachtsbaum ins Wohnzimmer stellen oder an Silvester Ostereier essen.

Abgesehen davon: Schokoweihnachtsmänner ißt man nicht. Die verschenkt man, oder man bekommt sie geschenkt. Anschließend läßt man sie so lange im Schrank stehen, bis die Schokolade grau ist, und dann schmeißt man sie weg. Essen darf man allerhöchstens die ganz teuren, also die von Lindt, After Eight usw. Bei allen andern steckt ohnehin in der bunten Verpackung meist mehr Geschmack als in dem, was darunter steckt.


Merkmal Nr 2: Verkrüppelte rumänische Bettler in der Fußgängerzone.


Immer, wenn ich einer dieser Jammergestalten ansichtig werde, fallen mir zynischerweise zwei Monty Python - Filmszenen ein. In "Jabberwocky" sägt sich ein Bettler selbst den Fuß ab, um seinen Umsatz hochzutreiben. Und "Life of Brian" beschwert sich der Leprakranke über seine Heilung, weil er nun seiner Einnahmequelle verlustig geht.

Kein Zweifel: Der bizarre Karneval verstümmelter, schaurig anzusehender Bettler, der jedes Jahr kurz vor Jahresende in den Einkaufsstraßen ausbricht, ist gleichermaßen erbarmungswürdig wie erbärmlich. Eine Pervertierung des "weniger ist mehr"-Prinzips: Weniger Gliedmaßen=mehr Spenden. Ich bin nicht herzlos, aber wenn ich weiß, daß diese Leute tausende Kilometer aus Osteuropa herangekarrt werden, um sich hier unter Zwang als Freaks zu prostituieren, macht mich dieser Mitleidstourismus einfach nur sauer. Und wenn ich dann den verantwortlichen Ostblock-Schlepper in feinem Zwirn nebenan im Cafe stehen sehe, wo er sich im Warmen einen Kaffee nach dem anderen in den fetten Hals schüttet und "seinen" Krüppeln beim Anschaffen zuschaut, dann möchte ich am liebsten da reingehen und diesem Aasgeier postwendend auch ein paar Körperteile entfernen.


Uns Wohlstandsbürger beschleicht beim Anblick dieses alljährlichen Panoptikums reflexartig ein schlechtes Gewissen (was ja wohl auch der beabsichtigte Zweck der Übung ist). Einerseits wissen wir, daß von dem einen Euro, den wir dem Bettler in den Pappbecher schmeißen, 99 Cent bei dem feisten Zuhälter landen. Andererseits fragen wir uns, ob der verbleibende Cent nicht immer noch ausreicht, um die daheimgebliebene, 10-köpfige Familie über den Winter zu bringen, und ob der arme Schlucker nicht vielleicht Prügel bezieht, wenn er nicht genug Almosen zusammengebettelt hat.

So Mitleid erregend der Anblick auch sein mag: Ich gebe für das Schmierentheater keinen Cent. Und zwar aus demselben Grund, aus dem ich auch dem angeblichen Ex-Junkie an der Wohnungstür kein Zeitungsabo abkaufe. Ich geh auch nicht aus Mitleid in den Puff, um eine ukrainische Nutte beim Abarbeiten ihrer zwangsweisen Einfuhrgebühren zu unterstützen. Denn mit all dem macht man am Ende nur einen wirklich reich, nämlich die kriminellen Fädenzieher im Hintergrund. Die anderen kriegen nicht viel mehr, als sie auch vorher schon hatten, und gehen im Gegenzug im Zweifel auch noch ihrer Selbstachtung verlustig. Bei dem lausigen Spiel mag ich nicht auch noch Helfershelfer sein.

Aber das soll mal jeder für sich selbst entscheiden...

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