Besuchern des größten Dorfes der Welt sei auch ein Besuch der Erdinger Therme empfohlen. Aber Achtung: Diese an Superlativen nicht eben arme Bespaßungsanlage hat auch ihre Schattenseiten.
Schreiber dieser Zeilen kann allerdings nur Angaben zum "Saunaparadies" machen, da er sich angesichts der ziemlich happigen Preise* höchstens 1-2 Mal pro Jahr einen Sauna/Wellness-Tag im Erdinger Superdome gönnt. Auf die anderen Bereiche kann ich gut verzichten, zumal ich auch nicht unbedingt ausprobieren muß, wer auf Europas steilsten, längsten und wildesten Rutschen schneller unten ist, ich oder mein Mittagessen.
Zunächst muß man sagen, daß die Anlage wirklich toll ist: riesengroß, unzählige verschiedene Themenbereiche mit X verschiedenen Saunen, Dampfbädern und Ruhezonen. Hier findet eigentlich jeder Anhänger feuchter Heißluft seine Nische, wo er oder sie sich mal gepflegt die Poren durchspülen kann. Obwohl der gesamte Bereich schon früher ziemlich umfangreich und preisgekrönt war und ständig weiter ausgebaut wurde, wurde die gesamte Saunalandschaft innerhalb der letzten zwei Jahre nochmal ums 3-4fache erweitert.
Und genau da liegt auch die Crux des Sauna-Monstrums: Es ist einfach viel zu groß. In der derzeitigen Haupthalle (man weiß ja nie, was sich die Erdinger noch alles einfallen lassen) geht es mitunter zu wie auf dem Münchner Hauptbahnhof. Wenn man dort den Blick über die endlosen Liegestuhlreihen voller gestrandeter Zwergwale und (Alp)Träume in Frottee gleiten läßt, hin zur Poolbar, wo genitalrasierte Schweinezüchter aus der näheren Umgebung sich mit Weißbier betanken, und wenn einem dann noch die Putzfrau mit der Kehrmaschine über die unbekleideten Zehen kachelt, dann kommt nicht unbedingt Entspannung auf. Außerdem gehört zum traditionellen Schwitzen, daß man a) nackt ist und b) die Klappe hält. Und obwohl genau das laut Besucherhinweis auch in Erding so sein sollte, latschen ständig badebehoste Saunadilletanten an einem vorbei, während Abordnungen der niederbayrischen Landjugend johlend durch die Ruhezonen toben.
Menschen, die eher das Flair schalldichter, telefonzellengroßer Heimsaunen schätzen, könnten hier den ein oder anderen Kulturschock erleiden.
Ein anderes Erdinger Phänomen ist offenbar Gottseidank im Niedergang begriffen: Die Therme war früher "Bad Tattoo Central". So viele schlecht gestochene Indianerköpfe, winzige Teufelchen und schlecht sitzende Arschgeweihe hatte ich vorher noch nie gesehen. Wo Tätowierer anderswo an Schweinehälften übten, wurde in Erding Motive vermutlich gleich am lebenden Objekt getestet, mit eher überschaubarem Erfolg. Am erschreckendsten dabei: Eine Vielzahl von Trägern der dilettantischen Klecksereien gehörten schon der Generation Wüstenrot an und konnten vom Erscheinungsbild her vermutlich jeden Wolfgang-Petry-Hit auswendig mitsingen.
Fazit: Die Therme Erding ist auf jeden Fall einen Besuch wert, wenn man den Spaßbadcharakter erstmal akzeptiert hat und dafür auch mal tiefer in die Tasche greifen will.
Ein Erlebnis der anderen Art hatten wir auch noch bei unserm letzten Besuch am vergangenen Wochenende. Da ist nämlich einer in der Sauna umgekippt. Ich hab den guten Mann dann mit einem anderen Saunagast ins Freie geschleift. Der andere Helfer, ein offenbar passionierter Saunakenner, wehrte jedes Bestreben, medizinische Hilfe zu holen, mit den Worten ab: "Naa, der kimmt scho' widder. Der brauch nua a bisserl frische Luft!" Nachdem der Bewußtlose aber auch nach ein paar ordentlichen Backpfeifen in eisiger Kälte noch nicht "widder kimma is' ", haben wir dann doch die Saunaaufsicht gerufen. Der flugs herbeigeeilte Helfer kam dann auch vermutlich per Kennerblick gleich zu dem Schluß, daß hier Alkohol im Spiel sein mußte. Und während die Freundin des Kreislaufakrobaten eine entsprechende Nachfrage noch diffus mit "nicht viel" abwiegelte, antwortete er selbst in einem seiner lichten Momente wahrheitsgemäß "Zwei Flaschen Wein".
Hallooooo? Wie bekloppt kann einer sein, sich mit ca 2 Promille noch in die Sauna zu setzen?
*) Wir haben am Wochenende ca. 100 € da gelassen, davon allein 68 € für den Eintritt (für 2 P.).
Montag, 17. November 2008
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