Ich hatte es hie und da schon mal erwähnt: Im Internet treibt der Irrsinn seltsame Blüten. Und dabei meine ich jetzt nicht mal die Websites von Leuten, die vegane Ernährung für ihren canis lupus familiaris für eine besonders dufte Idee halten. Oder andere, die das Internet für das Werk Satans halten, was sie allerdings nicht davon abhält, uns ihre krude Weltsicht mit Hilfe hübsch gestalteter Homepages aufzudrängen.
Nein, manchmal findet sich mehr oder weniger Unsinniges auch an Stellen, an denen man es vielleicht nicht gleich vermutet, weniger offensichtlich, aber nicht minder sinnfrei.
Zwei Beispiele:
Online-Buchungen bei der Deutschen Bahn
Irgendwie scheint es kaum jemanden zu geben, der nicht etwas Negatives über die Bahn zu sagen wüßte. Dabei müßte doch das "Unternehmen Zukunft" längst allen Konkurrenten voraus und über alle Kritik erhaben sein. Doch geschätzte hundert Jahre Erfahrungen mit Kundenbeschwerden haben aus dem staatlich gestützten Beinahe-Monopolisten und datenschutzrechtlichen Totalausfall noch immer keinen Musterbetrieb für vorbildlichen Kundenservice gemacht. Denn es ist nicht möglich, online kurzfristig für einen Dritten ein Bahnticket zu kaufen. In unserer globalisierten Welt kann ich jederzeit von meinem Schreibtisch aus Flugtickets auf den Namen "Osama Bin Laden" von Kabul nach Guantanamo kaufen**. Aber wenn ich meiner Oma mal eben eine Bahnreise von Bumsbutzen nach Kleinkleckersdorf schenken möchte, lehnt die Bahn das ab. Denn online buchen kann ich nur für mich selbst. Wo kämen wir auch hin, wenn sich die Leute ständig gegenseitig Bahntickets schenken würden? Am Ende noch in die schwarzen Zahlen!
Nun könnte ich mich ja in die Gefilde des Organisierten Verbrechens™ begeben und so tun, als wäre ich meine eigene Oma, die sich online ein Bahnticket bucht. Pech nur, daß man zur Abholung des Tickets am Schalter eine Kreditkarte (die meine Oma nicht hat) oder eine BahnCard (die meine Oma nicht braucht) benötigt.
Schon klar, daß die DB ihre rot-weißen Kokainportionierer auf Teufel komm raus an den Mann bringen will. Aber während ich ein Flugticket auch mittels Personalausweis abholen kann, ist sogar das "Meilen"sammeln mit der BahnCard nicht so einfach, wie man sich das wünschen und denken würde.
Natürlich kann ich mir das Ticket auch per Post schicken lassen. Das dauert allerdings 3 Tage, kostet extra, und anschließend muß ich es ja auch noch an Oma weiterschicken.
Nun könnte man ja auf die wohlwollende Idee kommen, die Bahn werfe einem im Internet nur deshalb Knüppel zwischen die Beine, weil man die Kunden an die Fahrkartenschalter treiben möchte, um die dort befindlichen Arbeitsplätze zu sichern. Aber auch die Hypothese hält einer Überprüfung nicht stand, denn dasselbe Ticket kostet am Schalter einige Euro mehr. Die besseren Preise gibt es nur auf elektronischen Weg.
Man fragt sich letztendlich, was die Bahn mit ihrem halbherzigen Online-Angebot bewirken möchte. Denn sie hinkt damit völlig unnötigerweise den gängigen, kundenfreundlicheren Lösungen der Konkurrenz hinterher.
Ebay-Bewertungen
Ich vermute mal, daß die Käufer/Verkäufer-Bewertungen anfangs gut gemeint waren und auch ihre Daseinsberechtigung resp. Zusatznutzen für Ebay-User hatten. Heute allerdings sind sie beinah völlig wertlos.
Denn die meisten davon sind vorbehaltlos positiv. Kein Wunder, denn auch wenn viele davon sicher ehrlich gemeint sind, wird es dem User generell viel einfacher gemacht, positiv statt negativ zu bewerten. Ich bin mir ziemlich sicher, daß viele Ebay-Nutzer trotz Unzufriedenheit positive Bewertungen abgeben, um a) weiteren Ärger, Rückfragen und Auseinandersetzungen zu vermeiden und b) damit ihrerseits eine weitere positive Bewertung für ihr Profil zu erheischen. Tu mir nix, dann tu ich dir auch nix. Kleinere Schwierigkeiten mit der Bezahlung, Versand oder Qualität der Ware fallen dabei unter den Tisch, alle sind nur noch eine große, glückliche 3..2..1-Familie.
Stellt sich aber doch mal jemand dumm genug an, um einen Strauß Negativbewertungen zu kassieren***, kann der Übeltäter den "kontaminierten" Account flugs abmelden und steht kurz darauf mit neuem Account und weißer Weste wieder auf der Matte.
Das Resultat: Ein inflationärer Mix aus guten bzw. gut gemeinten Kritiken, die in ihrer Fülle niemand mehr für bare Münze nehmen kann. Und als würde dies nicht reichen, können Verkäufer mittlerweile von vornherein nur gute Bewertungen abgeben, zudem muß man einige weitere Hürden überwinden, bevor man auch nur eine neutrale, geschweige denn eine negative Kritik abgeben kann. Hat man das dann trotzdem getan, bieten sich dem negativ Bewerteten weitere Möglichkeiten, die schlechte Kritik wieder loszuwerden.
"Wir haben uns alle lieb", made by Ebay. Am besten, man läßt das Bewerten gleich ganz bleiben - wenn da nicht die User wären, die auf eine Bewertung regelrecht versessen sind und einen bei Nicht-Abgabe unablässig mit entsprechenden Nachfragen piesacken.
Laut Ebay sollen die Bewertungspunkte über die Zuverlässigkeit des Handelspartners Auskunft geben. Das würde aber voraussetzen, daß die Bewertungen die Realität abbilden. Das darf aber durchaus bezweifelt werden.
*) ohne Sinn (frz.)
**) auch wenn es für die Strecke keine Direktverbindung gibt, zumindest keine offizielle ;)
***) was zu vermeiden wirklich einfach ist
Montag, 11. Mai 2009
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