Samstag, 27. Juni 2009

Live And Let Die

Zwei Menschen sind tot.

Der eine war ein Megastar, ein großartiger Musiker und Entertainer, der die Welt der Popmusik der letzten 30 Jahre entscheidend mitgeprägt hat.

Der andere war eine tragische, bemitleidenswerte Kunstfigur, ein psychisches und körperliches Wrack mit seltsamen Neigungen.

Beide hießen Michael Jackson.

Viel schlimmer noch als der Tod dieses Menschen, für dessen Leben sich zuletzt abseits der Klatschspalten nicht mehr allzu viele Menschen interessierten, ist die Hysterie, die sein Ableben nach sich zieht. Wie im Wahn wird da gechattet, getrauert und gekauft. Obwohl eigentlich statistisch bereits jeder 65. Mensch* im Besitz des Albums "Thriller" sein müßte (Raubkopien nicht mitgerechnet), werden seine Scheiben plötzlich aufs Neue wie Reliquien gehortet. Die Menschen weinen auf der Straße, Radiosender dudeln in Lemmingmanier seine Hits rauf und runter, kein Fernsehsender, der nicht schnell noch eine Boulevard-Super-Sonder-Reportage aus dem Boden stampft. Tausendfach die gleichen Bilder, ewig dieselbe Geschichte vom armen, schwarzen Ghettoküken, das sich in einen stolzen Schwan verwandelte und als gerupfter Pleitegeier endete. Dazu werden dann Experten gefragt, die keine sind und Antworten geben, die jeder kennt und keiner mehr hören kann. Heraus kommt zu 95 % eitles Gewäsch selbsternannter, berufsmäßiger Auskenner und Top-Checker, die ihre Meinung an jeden vermieten, der ihnen für fünf Sekunden eine Kamera ins Gesicht hält.

Was für eine gigantische, widerliche Heuchelei, was für ein erbärmliches Affentheater!

Schlimmer war's nur noch bei Lady Di. Schon bei jener saugten alle Tratschtanten und "Bunte"-LeserInnen dieser Welt jedes noch so verwaschene Paparazzifoto in sich auf, nur um sich im gleichen Atemzug über die sensationslüsterne Fotografenmeute zu echauffieren, die "der armen Princess of Wails" noch bis aufs stille Örtchen folgte. Dieselbe bigotte Voyeurgemeinde weidete sich genüßlich an den schlüpfrigen Enthüllungen ehemaliger Bediensteter, nur um dann einmütig zu verkünden, wie verabscheuenswert solcherlei Indiskretionen doch seien.

Und wie bei Diana war es wohl nun auch bei Michael der Druck der Öffentlichkeit, der indirekt an beider Tod schuld war, auf die ein oder andere Weise. Dieselbe Öffentlichkeit, Fluch und Segen jedes Medienstars, die nun den Verlust bejammert und greint und die Schuld am Tod wieder irgendwie dem prügelnden Vater in die Schuhe schieben möchte. Da liegt ein Toter auf der Couch eines weltweiten Hobby-Psychiater-Kollektivs, einer scheinheiligen Internationale der Leichenfledderei. Wahrscheinlich wird das jetzt noch Monate so weitergehen, die Schlammschlacht um das Erbe hat ja noch nicht mal begonnen. Und nächste Woche kann man dann bei Ebay Jackos Nase ersteigern**.

Sollte er so enden, wie er gelebt hat, müssen wir wohl damit rechnen, daß uns der tote Herr Jackson demnächst als gefriergetrocknete*** Fan-Reliquie in kleinen Portionsbeutelchen zum Erwerb feilgeboten wird, wobei der Erlös selbstverständlich wohltätigen Zwecken zugute käme.

Ich persönlich würde ihm ein Wikingerbegräbnis wünschen. Angezündet, raus auf's Meer, abgefackelt, untergegangen, Feierabend. Endlich Ruhe vor dem Mob.

R.I.P, Michael Jackson.


*) da sind - Hail statistics! - auch chinesische Reisbauern und Beduinen, Neugeborene und Jopi Heesters dabei, sogar Menschen, die alles gleich als "Negermusik" bezeichnen, wenn man nicht dazu schunkeln und sich besaufen kann

**) nur eine Vermutung, aber man weiß ja nie...

***) seinem Aussehen in den letzten Jahren nach zu urteilen, das mit "rapidem Verfall" noch euphemistisch umschrieben wäre, wurde mit der Konservierung ja ohnehin schon zu Lebzeiten begonnen

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