Mittwoch, 24. Juni 2009

Digitaler Käse!

Ich kann ja die ganze Aufregung um den sogenannten Analog-Käse schon verstehen. Man denkt die ganze Zeit, auf der 99-Cent-Pizza Margarita vom Discounter türmen sich Bruchstücke edelsten Büffelmozzarellas über handverlesenen Scheiben südfranzösicher Strauchtomaten, fein abgestimmt mit frischem Basilikum aus der Toskana. Jede Pizza ein kleines Kunstwerk, per Hand belegt, auch was: komponiert von amerikanischen Innenarchitekten unter der Aufsicht eines französischen Maitre du Hefeteig.

Und jetzt sowas! Ein Skandal!

Oder etwa nicht? Haben wir nicht schon immer geahnt, daß uns da kein echter Käse angedreht wird, sondern irgendeine kleingehäckselte Gummipampe? Und, jetzt mal Hand auf's Herz: Hat es uns geschadet? Würde es uns glücklicher machen, wenn wir wüßten, was wir tatsächlich so tagtäglich gutgläubig in uns hineinschaufeln?
Hat es uns etwa nicht trotzdem geschmeckt?

Eben. Es hat. Und vielleicht ärgern wir uns deshalb so sehr darüber. Weil wir nix gemerkt haben. Und damit einmal mehr unter Beweis gestellt haben, daß unsere Geschmacksrezeptoren sich umso leichter veräppeln lassen, je mehr wir daran glauben, daß das, was auf der Packung draufsteht, auch tatsächlich drin ist. Hoch lebe der Placeboeffekt.

Andererseits ist es wohl tatsächlich so, daß Kinder, die zeitlebens nur Lebensmittel mit z.B. Erdbeeraroma zu kosten bekommen haben, echte Erdbeeren geschmacklich nicht mehr als solche wahrzunehmen vermögen. Zumindest bei diesem Gedanken dürfte jeden, der als Kind mal in Omas Garten durchs Erdbeerbeet getippelt ist und sich dort die roten Früchtchen direkt vom Strauch in den Mund gestopft hat, ein diffuses Gefühl kulturellen Verlustes beschleichen. Und wir nehmen uns vor, unserem Nachwuchs ganz viel echte Dinge zum Kosten zu geben und stets einen großen Bogen um das große gelbe M zu machen.

Leider ist das in großen Dörfern wie München nicht so ganz einfach. Platz für Erdbeerbeete gibt's hier nicht. Allen, die die Möglichkeit haben, sich ein kleines Gärtchen anzulegen, sei z.B die Mitgliedschaft bei http://www.nutzpflanzenvielfalt.de/ oder bei http://www.arche-noah.at/etomite/ empfohlen. Beide Vereine haben sich dem Erhalt von vom Aussterben bedrohter Obst- und Gemüsesorten verschrieben, die lt. EU-Bestimmungen nicht mehr agrarindustriell angebaut werden dürfen. Wer kein Vereinsmeier ist, der kann Samen und Setzlinge auch einfach käuflich in verschiedenen Internetshops erwerben.

So, genug der guten Taten. Ich mach mir jetzt ein Surimi-Formfleischvorderschinken-Analogkäse-Sandwich auf Sojabasis mit Gentomatenscheibchen, Rezept exclusiv aus dem großen Monsanto-Kochbuch. Mahlzeit!

PS: Und was den digitalen Käse angeht: Einfach mal Sat1 einschalten!

4 Kommentare:

Ede hat gesagt…

war hier nicht gestern noch ein anderer Artikel, was los? Drohungen von nem Rechtsanwalt gekriegt der seine Examina mit 4.01 Punkten gemacht hat und dich nun verklagen will ;-)))

der Michel hat gesagt…

Nö, da war gestern abend für allerhöchstens 5 Minuten ein neuer Beitrag probehalber, der kommt erst noch. Möglich, daß du ausgerechnet in den 5 Minuten reingeschaut hast...
Oder meinst du vielleicht den darunter?

War heute schon total von den Socken, hab gestern in den Abendstunden noch über 40 Aufrufe aus Süd- und Nordamerika bekommen. Vermute aber mal, daß das eher auf Kosten der Random-Funktion "nächstes blog" ging, da es auch direkte Zugriffe waren, keine Suchmaschinen-Aufrufe.

Ede hat gesagt…

dann hab ich den wohl gesehen mit ALanis Morissette oder?
Naja die direkten Zugriffe sind vielleicht leute die deine Seite gebookmarkt haben oder?

Ede hat gesagt…

sorry aber bin ich grade in ner Murmeltiertagschleife, gestern stand doch hier schon wieder ein anderer Beitrag...lese gerade Replay...sehr interessanter SCiFi über die Chance sein Leben ein zweites, drittes etc mal zu leben. Sag mir dass ich nich darin hänge ^^