Nun benötigt die Schulanfängerin von heute für einen erfolgreichen Start in das Leben eines Wissenskonsumenten vor allem drei Dinge: ein Lillifee-Federmäppchen, einen Hello-Kitty-Füllhalter und einen Pferde-Schulranzen. Zumindest, wenn es nach dem Willen von Lieblingstochter Nr. 1 geht. Nachdem die Eltern aber (noch) auch ein Wörtchen mitzureden haben, lag die Priorität in dieser Woche erstmal beim Erwerb eines kindgerechten Schreibtisches samt ergonomischer Sitzgelegenheit.
Obwohl wir sonst gerne unserer Vorliebe für schwedisches Preßspanmobiliar frönen, hatten wir uns diesmal entschieden, mal wieder einem stinknormalen und pottlangweiligen Möbelhaus eine Chance zu geben. Unsere Wahl fiel auf Höffner.
Möbelhäuser wie Höffner haben noch immer ein ziemlich schnarchiges Oma-Image, quasi die Karstadts unter den Einrichtungshäusern. Beim Gedanken daran ziehen an meinem geistigen Auge immer Bilder von überteuerten Landhaus-Küchen, tonnenschweren, hochglanzlackierten Pornobetten in Weiß und Gold und Plüschsofas mit großformatigen Blumenmustern vorbei. Demzufolge war ich auch lang nicht mehr in einem von den Klötzen einkaufen. Bis vorgestern.
Was soll man sagen: Die handgeschnitzten Landhausküchen "Eiche rustikal" und Sofas mit alptraumhaftem Rosen-Muster gibt es noch immer. Ansonsten gibt man sich betont modern, zumindest, was das angebotene Sortiment angeht. Schließlich muß man sich ja irgendwie wieder an die IKEA-Klientel heranwanzen. Leider offenbart ein Blick aufs Detail dann doch etliche Mängel.
Das sah dann z.B. so aus: Am Eingang bekamen wir einen dem Aufdruck nach eigentlich schon abgelaufenen 30%-Rabattgutschein ausgehändigt. Das Gutscheingirl erklärte uns aber, die Aktion werde fortgesetzt und das ginge dann schon in Ordnung.
Beim anschließenden Bummel durchs Gebäude fielen uns dann eine Unzahl von Verkäufern auf, die wie paarungswillige Braunbären auf Nahrungssuche mißmutig und mit unstetem Blick durch die Gänge streiften. Dabei warfen sie uns immer wieder prüfende Blicke zu, wie hungrige Wölfe, die abschätzen, ob an uns wohl genug Fleisch sei. Mit leichter Gänsehaut zogen wir weiter durch die Gänge, jederzeit damit rechnend, von einem glatzköpfigen Hülsta-Berater mit einem Papiermaßband erdrosselt zu werden, nur um uns posthum eine Multimedia-Systemwand aus Balsaholz aufzuschwatzen.
Nur durch
So weit, so gut. Da so ein Möbelkauf samt Räuber-und-Gendarm-Spiel hungrig macht, wollten wir eigentlich unsere perfekt auf eine Köttbullar-Belohnung konditionierten Mägen mit etwas Essbarem füllen. Leider verhieß das gemütliche Restaurant weit mehr, als die Küche dann zu bieten hatte. Freitagabend 18:30, also eineinhalb Stunden vor Ladenschluß, erschöpfte sich das Angebot in ausgefallenen kulinarischen Kreationen wie Schweinsbraten mit Knödel oder Spaghetti Bolognese. Nachdem wir Zeugen werden durften, wie eine osmanische Gewichtheberin mit einem riesigen Küchenmesser vor aller Augen einen Zentnersack bleiche Kartoffelstäbchen aufsäbelte, machten wir auf dem Absatz kehrt und begaben uns, von Deckung zu Deckung hechtend, zur Kasse.
Während jedoch im Rest des Hauses eine Kompanie Sperrholzdealer unterwegs war, bildeten an der Kasse traurige vier Verkäuferinnen die hängenden Köpfe von 4 stetig wachsenden Schlangen.
Wer denkt, daß wir jetzt unsere Einkäufe zahlen durften, irrt genau so wie wir. Wir zeigten unseren Kaufvertrag vor, präsentierten artig den Gutschein und wurden postwendend an die Warenausgabe verwiesen, wo wir dann endlich auch zahlen sollten. Bisher hatten wir gedacht, an einer Kasse würde bezahlt, und an einer Warenausgabe würden - nun ja, Waren ausgegeben.
Nicht so bei Höffner. Wie wir uns überzeugen durften, waren die Kassen im Gegensatz zur Warenausgabe noch vergleichweise üppig besetzt. Denn am Ziel unserer Reise erwarteten uns ganze zwei Mitarbeiter. Einer bediente die Kasse und telefonierte alle paar Minuten mit einem unsichtbaren Obermufti, der irgendwo aus den Katakomben des Gebäudes heraus fernmündlich schicksalhafte Entscheidungen fällte. Es war an ihm, über Wohl und Wehe der Kunden zu richten, die immer neue Gutscheine aus ihren Handtaschen hervorzauberten. Bonusflyer, Zeitungscoupons, Rabattkarten - keiner der Schnipsel glich dem anderen, und am Ende der Schlange standen nun wir und starrten zweifelnd auf unseren abgelaufen-aber trotzdem-gültigen Gutschein.
Auch wir ernteten des Kassenmann's skeptische Blicke, auch wir mußten einen weiteren Anruf beim Schattenmann abwarten, bevor wir endliche unseren um 30% geschmälerten Kaufpreis begleichen durften.
Dies brachte uns dann zum zweiten Ausgabe-Mitarbeiter, welcher dann auch tatsächlich das tat, was man von einem Mitarbeiter an der Warenausgabe erwartet: Er schubste vollgepackte Transportkarren in die Masse der Wartenden und rülpste dazu den Namen des zugehörigen Kunden in den Raum. Hier wollte man wohl bewußt alles anders machen als die Referenz-Schweden, die das "Wem gehört welcher Kartonberg?"-Problem mit einem simplen "Zieh 'ne Nummer"-System lösen. Stattdessen hatte man sich für die "Ein-Mann-brüllt-so-lange-Anweisungen-bis-einer-vortritt"-Variante entschieden. Die Verantwortlichen dachten wohl, was bei der Entlausung im sibirischen Zuchthäusern funktioniert, das sollte schließlich auch in deutschen Möbelhäusern klappen.
Also schauten wir den mit uns wartenden Leidensgenossen dabei zu, wie ihre Mundwinkel proportional zur absolvierten Wartezeit auf Angela-Merkel-Niveau herabsanken. Endlich, nach ca. 25 Minuten und 1 Minute vor Ladenschluß, knurrte der beblaumannte Griesgram endlich auch unseren Namen, und wir konnten den Ort des Grauens endlich frisch vermöbelt hinter uns lassen.
Was uns sonst noch aufgefallen ist: Bei Höffner arbeiten erstaunlich viele Sachsen (s. auch hier). So viele, daß diese unmöglich alle auch in München leben können. Meine Theorie: Irgendwo tief in den Eingeweiden des Möbelkolosses* befindet sich der Eingang eines Wurmloches, dessen anderes Ende sich irgendwo versteckt in der Leipziger Innenstadt** befindet. Allmorgendlich saugt es dort unzählige Pendler in sich auf, um sie nur wenige Sekunden später bei Höffner wieder auszuspucken. Abends dann natürlich retour. Wenn das stimmt, lass ich mir von denen ab sofort Zetti-Knusperflocken und Bambina in die amerikanische Besatzungszone schmuggeln...
*) vielleicht dort, wo der geheimnisvolle Mann ohne Gesicht haust, welcher Blofeld-gleich, in einem Lehnstuhl sitzend und eine weiße Perserkatze streichelnd, über die Validität von Rabattmarken befindet
**) oder in einem bizarren Paralleluniversum, in dem aus nicht näher definierten Gründen der Homo Saxonis an die Spitze der Nahrungskette gestolpert ist und mittlerweile 90% der Erdbevölkerung stellt
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