Grönemeyer-Fans dürfen aufatmen: Dies wird keine Abrechnung mit dem King of "Currywurst".
Vielmehr geht es um die Frage, wie in unserer Gesellschaft Männlichkeit definiert wird.
Um es gleich vorweg zu nehmen: Mir sind die klassischen Männlichkeitsrituale unserer Breitengrade einigermaßen zuwider. Auch die diversen Spielarten der Zurschaustellung vermeintlich männlicher Qualitäten, welche die Migration unserer Gesellschaft hinzugefügt hat, haben mit "How to be a man?" für mich wenig zu tun. Denn meist dreht es sich dabei darum, ob der Delinquent
- mindestens zwei Meter weit pinkeln kann, möglichst eine Minute lang, mit einem armdicken Strahl - je weiter länger oder höher, desto Mann,
- erklären kann, was "Abseits" ist,
- einem anderen die Nase blutig hauen kann, weil dieser etwas ungehöriges über seine Mami gesagt hat,
- Unmengen Alkohol in sich hinein schütten kann, ohne sich auf der Stelle zu übergeben,
oder etwas ähnlich kulturell hochstehendes.
In einigen ruralen Gegenden Deutschlands wird man sogar umgehend vom Dorfpfarrer zum König gekrönt, wenn man all das gleichzeitig erledigen kann.
Mit solchen lächerlichen, prähistorischen Kulthandlungen lockt den Michel noch keiner hinter dem Ofen hervor. Ebenso gut könnte man mit voller Wucht mit der Stirn gegen eine Betonwand rennen oder sich die Zehennägel mit der Kettensäge schneiden. All das ist bestenfalls stumpfsinnig, schlimmstenfalls fahrlässig dämlich. Mit Männlichkeit hat das aber nichts zu tun.
Mann sein bedeutet vor allem, Verantwortung zu übernehmen. Zuallererst für sich selbst (und für das was man tut oder auch nicht tut), in zweiter Linie auch für andere. Männlichkeit bedeutet, für eigene Überzeugungen einzutreten, Rückgrat zu zeigen, der Spanier spricht hier gern von "cojones". Um etwas kaputt zu machen, bedarf es lediglich einem Mindestmaß an Aggressivität; ein Mann sein bedeutet dagegen, etwas aufzubauen.
Genau in diesem Punkt hapert es aber häufig gerade bei denen, die ansonsten besonders verbal gern einen auf "dicke Hose machen". Vor allem Heranwachsende (manche lassen sich allerdings mit dem Heranwachsen bis zur Rente Zeit) schleppen einen Sack Komplexe, verquere Wertvorstellungen und Vorurteile mit sich herum. Sie fordern stets von allen Seiten Respekt für sich ein, ohne diesen für andere aufbringen zu können oder zu wollen. Sie reden von Stolz, ohne je etwas vollbracht zu haben, auf das man mit Recht stolz sein könnte. Manch einer ist sogar stolz auf die eigene Erektion, aber auch die kommt in der Regel erstmal ohne viel eigenes Zutun zustande. Eine erigierte Wirbelsäule findet man bei den Konsorten eher selten, vermutlich, weil sie dann ihre Bällchen aus dem Auge verlieren würden. Man könnte mutmaßen, daß sie deswegen so viel Zeit damit verbringen, sich ständig manuell zu vergewissern, daß ihr Reproduktionsapparat noch am angestammten Platz ist.
All jenen sei gesagt: Der Umstand, daß euch der Alterungsprozeß zumindest theoretisch in die Lage versetzt hat, ein Kind zu zeugen, macht noch lange keinen Mann aus euch. Erst wenn ihr ein Kind auch versorgen könnt und wollt, und zwar materiell und emotional, dürft ihr euch als Mann betrachten. Auch die Fähigkeit, einen alten Mann zu verprügeln oder im Aldi eine Tüte Gummibärchen zu klauen, bringen keine Männlichkeits-Punkte. Erst recht nicht, wenn es dazu ein ganzes Rudel von euresgleichen braucht. Mag sein, daß ihr euch in dem Moment wie Alpha-Männchen fühlt. Sobald aber das Adrenalin mal wieder raus ist aus der Blutbahn, benötigt ihr wieder einen Silberrücken, dessen breites Kreuz euch davon träumen läßt, es wäre euer eigenes.
Erst der, der dem alten Mann die Einkaufstüte nach Hause trägt, ohne sich dabei einen Zacken aus der Krone zu brechen, darf sich schon mal stolz durchs spärlich wuchernde Brusthaar wuscheln. Und wer es dann noch schafft, eher über sich als über andere zu lachen, der punktet Studien zufolge in puncto Männlichkeit auch beim anderen Geschlecht*. Obwohl es auch immer wieder genügend Trullas gibt, die auf brusttrommelnde Primaten abfahren, die sich nicht mal eine Tütensuppe warm machen können, zugegeben. Solche muß es auch geben. Obwohl ich wirklich nicht weiß, warum.
*) Wenn man ein wenig im Internet herumsucht, findet mal allerdings lauter widersprüchliche Informationen, worauf Frauen wirklich "stehen", je nachdem, wer wann wo warum welche Frauen befragt hat. Danach finden Frauen vor allem langhaarige, glatzköpfige, frauenverstehende Neandertaler in Uniform und mit dickem Auto anziehend, die wahlweise aussehen wie Boris Becker, George Clooney oder Barrack Obama, aber mit/ohne Humor. Mit anderen Worten: Auch das dämlichste Töpfchen kann offenbar noch ein hirngebleichtes Deckelchen finden. Es lebe die Evolution!
Montag, 13. Juli 2009
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2 Kommentare:
...und was waren wir früher stolz auf lang und weit gepinkelt und gekotz und gerülpst und regelmäßig am Sack gekratzt. Du machst all die schönen Erinnerungen an die durchsoffenen Nächte und ich kann länger als du Wettpinkelnachmittage... Rambo rettet die "freie" Welt Videoabenden und Diskussionen zum Thema "welches Haargel steht mir am besten? ... kaputt ...ich dachte wir waren schon damals "Männer" nur eben nicht so cool wie heute...sondern viel zu verpickelt und grün hinter den Akustiksensoren, um jemanden davon zu überzeugen, dass es jetzt mal ne gute Idee wäre mit größten Stecher nördlich des Genfer Sees ne Familie zu gründen oder das zumindest zu üben ;-) Also zumindest zum Teil unterlagen wir glaube ich auch den selben guturalen Riten wie unsere Geschlechtsgenossen heute. Nur dass unsere genetischen Prädispositionen nicht durch die ganze Cola und die Pommes und RTL 24 h am Tag bis zum excess belastet wurden, so dass wir nicht a priori zu Höhlenmenschen ("-männern") mutieren mussten....mir hadden doch nüschde..
Was war Auslöser dieses Artikels? Hat dir jemand die Tüte nach hause tragen wollen und hat sie dir dann geklaut oder hat dir ein 15 Jähriger gedroht "Eyh isch chole meine Froinde und die machen disch krangenhaus ...oba!" ;-)))
Ne hast schon Recht wenn man mal groß ist sieht man viele Dinge anders, vielleicht sollte man da auch mit etwas Milde auf die heutigen Teilnehmer der Pinkelwettbewerbe "hinabblicken"...
Also denk dran ...bunt ist das Leben und granatenstark...volle Kanne Hoschies!
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