Eine besonders originelle Form der Bettelei ist mir dieser Tage in meiner Stamm-Videothek begegnet.
Ich stand gerade nichtsahnend vor dem DVD-Regal und ging die Angebote durch, da flötete es plötzlich hinter mir in ohrenbetäubend fröhlichem Singsang "Guten Ah-bend! Ich bin die Glücks-Fee! Ich komme einmal im Jahr und bringe Ihnen Glü-hück!" Aus den Augenwinkeln erkannte ich eine mit kiwigrünem Filzparka und ebensolcher Paschtunen-Mütze angetane Mittfünfzigerin, die mir schon vor dem Laden aufgefallen war, Typ postklimakterische Esoterik-Else in patschuli-induzierter Dauerekstase.
Ich tat, was ich immer tue, wenn mir Leute begegnen, die ein eindeutiges Trinkgefäß-Defizit im Küchenmobiliar haben: Ich ignoriere sie möglichst weiträumig. So wendete ich der selbsternannten Glücksfee weiter den Rücken zu, vertiefte mich demonstrativ ins DVD-Angebot und harrte der Dinge, die da kommen sollte.
Der Filzparka bewegte sich weiter in Richtung offen stehende Bürotür des Videothekenbetreibers, der ausnahmsweise mal anwesend war und dies wohl nie so bereut hatte wie jetzt. An der Tür angekommen, zauberte der Lillifee-Verschnitt für die Generation 60+ aus den Untiefen ihrer Gewandung ein Glöckchen hervor und bimmelte dem verdutzten Videothekenmann eine Runde scheppernd vor der Nase herum. Anschließend ließ sie die Bimmel wieder verschwinden und streckte ihm irgendetwas entgegen, was ich nicht sehen konnte, da sie mir mittlerweile den Rücken zuwandte. Ihr übergeschnappter Sopran ging in ein balzendes Gurren über, als sie nun endlich zum Wesentlichen kam und den Mann fragte, ob er nicht etwas Geld spenden wolle. Wofür und warum, sagte sie nicht.
Wie das sprichwörtliche Kaninchen im Angesicht der Kobra griff der Betreiber mechanisch nach seiner Brieftasche und kramte hastig darin herum. Bevor ich Zeuge wurde, wie das penetrant fröhliche Bettelgenie dem hilflosen Mann auch noch ein paar Gratis-DVDs aus dem Kreuz leierte, verließ ich betont unauffällig, aber zügig den Ort des Geschehens. Am Ende wäre ich vielleicht noch selbst Opfer ihres fröhlich-aggressiven Inkassos geworden, obwohl solche Aktionen normalerweise an mir abperlen wie Öl von einer Teflonpfanne.
Dem Auftreten und Aussehen nach war die Dame natürlich keine klassische Bettlerin. Allerdings war auch nicht erkennbar, daß sie für irgendeine seriöse Hilfsorganisation unterwegs war. Ich vermute eher, daß Madame Tinkelbell auf eigene Kappe für die notleidenden Torfkröten von Borneo gesammelt hat oder das erbimmelte Geld in mikrowellensichere Aluminiumtapete für die heimische Meditationswabe anlegt.
Dienstag, 17. November 2009
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