Freitag, 28. September 2012

Bye-bye, Amazon

Einst als Senkrechtstarter des Internets gehandelt, als Vorreiter im Internethandel, läutet Amazon dieser Tage seinen eigenen Abgesang ein. Zumindest soweit ich das aus Kundensicht beurteilen kann.

Wieso? Fangen wir mal damit an, daß ich vor ein paar Monaten eine Reklamation hatte. Also schrub ich eine Email.
Amazon hat geantwortet. Die Antwort ging einige Meter an meinem Anlegen vorbei und war von einem indischen Amazon-Mitarbeiter signiert.
Also schrub ich noch eine Email, um mein Anliegen erneut eingehend zu erklären, um jegliche Mißverständnisse fürderhin auszuschließen. Darauf erhielt ich eine weitere Email, immer noch am Thema vorbei, wieder von einem Inder signiert.
Jetzt wurde ich langsam sauer. Es brauchte mindestens eine weitere Email, bis mir ein deutscher Mitarbeiter meine Anfrage beantwortete.
Vor zwei Wochen das gleiche Spiel. Amazon hat also wohl seinen deutschen Kundenservice nach Bangalore outgesourct. Dort basteln Mitarbeiter anhand von bestimmten Stichworten aus der Kundenanfrage aus Textbausteinen eine Antwort, die eventuell so ungefähr das Anliegen des Kunden treffen könnte. Oder eben auch nicht. Ob sich Amazon damit einen Gefallen tut, seine Kunden derart zu vergraulen, bezweifle ich. Vielleicht ist das einem Marktführer aber auch Wurscht. Waren nicht Karstadt, Quelle und Schlecker auch mal Marktführer?

Auch der Musikvertrieb beginnt zu stinken. Nicht nur, daß die Anspielfunktion für mp3-Dateien nicht mehr richtig funktioniert. Entweder das Anspielen startet nicht, oder man kann es nicht mehr stoppen, oder es laufen zwei Musikstücke gleichzeitig.

Seit neuestem hat Amazon angeblich das Kauf-Erlebnis verbessert. Statt wie bisher in Ruhe herumstöbern und sämtliche gewünschte Musik in einen Einkaufswagen packen zu können, mit dem man dann gemütlich zur Kasse rollert, wenn man fertig ist, darf man jetzt jede CD bzw sogar jede mp3 einzeln kaufen. Und das alles nur, damit man die Musik in Amazons verschissenen "Cloud Player" lädt. Letzteres läßt sich nicht mal mehr umgehen, Amazon zwingt mich dazu. Die diesbezüglichen AVB halten zwischenzeilig auch die ein oder andere Überraschung bereit.

Das läuft dann demnächst in etwa so, als dürfte man alle Schuhe, die man z.B. bei Zalando kauft, ausschließlich in einem von Zalando zur Verfügung gestellten Schuhschrank unterbringen. Zalando verspricht dafür, daß man von überall in der Welt Zugang zu diesem Schuhschrank hat. Äh... Moment, nicht von überall her. Man muß sich schon auf 10 Orte beschränken, auf die man sich vorher gegenüber Zalando festlegen muß. An anderen Orten darf man die Schuhe nicht benutzen. Man darf die Schuhe auch ausschließlich in Verbindung mit bestimmten Socken tragen, sonst büßt man ggfs. sein Nutzungsrecht an der Fußbekleidung ein. Schuhe an die Freundin zu verleihen, zu verschenken oder gar weiterzuverkaufen ist komplett verboten.

Und obwohl die Schuhe eigentlich dem Käufer gehören, behält Zalando sich das Recht vor, bei Bedarf die Schuhe wieder einzuziehen, das Design zu ändern usw. Schließlich hat der von ihnen verwaltete Schuhschrank eine Hintertür, durch welche sie dir die Schuhe auch wieder weg nehmen können.

Also ich für meinen Teil schleppe gern meine Schuhe im Koffer einmal rund um die Welt, solange mir dafür niemand vorschreibt, wann, wie und wo ich diese zu tragen habe. Mit der von mir gekauften Musik halte ich es ganz gern genau so. Dann muß ich auch  nicht riskieren, daß ich wegen der immer wieder vorkommenden Cloud-Ausfälle oder Cloud-Hacks irgendwann nicht mehr auf meine Daten zugreifen kann.

Tja, Amazon, du warst mal einer der Großen. Statt dem Zeitgeist hinterherzurennen hast du ihn geprägt.
Das war einmal. Soweit es mich an geht.

PS: Übrigens: Auch das Bewertungssystem steht wegen möglicher Manipulationen immer wieder in der Kritik. Obwohl natürlich die meisten Bewertungssysteme dafür anfällig sind.
Aufgefallen ist es mir zuletzt wieder bei Autor Stephan Russbült. Dessen Oger-Romane werden von den Rezensenten so derartig unreflektiert hochgejubelt, daß ein Kritiker sogleich die (äußerst berechtigte) Vermutung anstellte, hier wären ausnahmslos Freunde und Verwandte des Autors am Werk gewesen. Denn die Romane sind tatsächlich nicht mal das Papier wert, auf das sie gedruckt sind: Pubertär, nicht schlüssig, langweilig, bestenfalls Durchschnitt,  dem realistischerweise höchstens jugendliche Fantasy-Erstleser etwas abgewinnen könnten.
Trotzdem gibt es "Leser", die sich nicht entblöden, den Bockmist in eine Reihe mit Pratchett und Tolkien stellen. Und wenn von denselben Kritikern zudem ausschließlich Russbülts Bücher rezensiert werden, dann muß man nur 2 und 2 zusammen zählen...

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