Mögest du in interessanten Zeiten leben

Was im Ansatz manchmal harmlos klingt, entpuppt sich oft als Gegenteil. So ist die heutige Überschrift ein chinesischer Fluch, kein frommer Wunsch.

Mit "chinesischer Fluch" sind wir dann auch gleich beim Thema. Lange hab ich überlegt, ob ich zum Thema "Covid19" noch etwas beitragen kann, das nicht anderswo schon eloquenter und unhöflicher gesagt wurde. Ein Grund, warum der letzte Eintrag schon bald ein Jahr her ist.

Ich wüßte zu gern, ob sich die Risse, die sich seit der Flüchtlings"krise" durch Familien und Freundeskreise ziehen, irgendwann mal wieder kitten lassen. Ich wüßte auch gern, wie sich im Laufe kürzester Zeit normal denkende, naturwissenschaftlich gebildete und interessierte Menschen in komplette Realitätsverweigerer verwandeln, die gar nicht mehr merken, dass das, was sie so von sich geben /nachplappern jeden Tag verrückter wird.

Ich hab da zwei Onkel, die ich im Laufe der letzten Jahre "verloren" habe. Einer hat als Kind auf mich aufgepasst, mit dem andern bin ich Pilze suchen gegangen. Ersterer war ein lustiger Typ, der immer einen blöden Spruch auf der Lippe hatte und auf Smokie, Maffay und Lindenberg stand.

Mit letzterem teilte ich meine Leidenschaft fürs Lesen. Wo immer es um Natur, Tiere und fremde Länder ging, um Abenteuer und Science Fiction, hat er alles gelesen, was er in die Finger bekam, und dann an mich weiter gegeben.

Den ersten hab ich verloren, weil er auf Familienfeiern gerne mal mit "Heil Hitler" grüßte (was selbstverständlich total lustig gemeint war) und ansonsten gegen Flüchtlinge wetterte, obwohl ihm vermutlich im Leben bisher maximal drei Vietnamesen über den Weg gelaufen sind. Irgendwann wurde das so afd-like monothematisch, dass normale Gespräche kaum mehr möglich waren. Dementsprechend schlug mir auch nur dumpfes Nichtbegreifen entgegen, als ich zum Ausdruck brachte, dass mich (kroatische Schwiegermutter, kunterbunter Freundeskreis) seine Tiraden auch ganz persönlich trafen.

Der zweite ist spätestens bei Corona aus der rationalen Welt ausgestiegen. Glaubt an die große Verschwörung und läßt sich (als Risikopatient) nicht impfen. Weil er "eh kein Corona bekommt".

Warum er das glaubt, interessiert mich schon nicht mehr. Wenn mich die letzten Jahre eins gelehrt haben, dann das: Wer einmal in den Kaninchenbau abgetaucht ist, den kriegt man da mit rationalen Argumenten nicht mehr raus. Offenbar sind die verrückten Hutmacher und blauen Raupen hinter dem Spiegel verlockender als die unlustige Realität.

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 Ja, der Blog. Ich schreib hier seit 2008, und wenn ich so durch die älteren Beiträge blättere, muss ich sagen: Da ist einiges schon Zeitgeschichte. Und manchmal war ich wirklich ganz lustig.

Bekloppte begegenen einem in München immer noch. Aber entweder werden es zu viele, um drüber zu schreiben, oder ich hab meinen Blick für die bekloppten Details verloren. Kann aber auch daran liegen, dass ich dank Home Office kaum noch S-Bahn fahre. In der Münchner S-Bahn (so sie denn fährt) sitzen auch mehr Pendler, Schüler usw. Die richtig Bekloppten fahren offenbar lieber mit der U-Bahn. Da hatte zumindest ich regelmäßig meine Begegnungen der "dritten Art".

Einmal hatte ich tatsächlich Gelegenheit, einem "echten" Comedian meine "self-proclaimed" Lustigkeit unter die Nase zu reiben. Marius Jung hat tatsächlich am selben Ort Urlaub gemacht wie ich.Ich hatte kurz vorher sein Buch gelesen und ihn sofort erkannt. 

Hat ein paar Tage gedauert, bis ich mich getraut habe, ihn anzuquatschen. Ist ja auch blöd, man weiß ja, der will auch nur Urlaub machen und nicht von Fans angelabert werden. Tatsächlich hat er mal einen kurzen Blick in den Blog geworfen, wie ich später festgestellt habe. Leider wirklich nur einen sehr kurzen, und dabei ist es geblieben. Der Beitrag auf der landing page war ausgerechnet eher ein Rant als ein Gag-Feuerwerk. Also schon wieder nix mit dem großen Durchbruch als Comedy-Autor 😜

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Wenn ich so im Blog "blättere", stelle ich fest, dass sich manchen Saxchen auch nie ändern. Bäcker Bachmann verkauft noch immer pappsüße und furztrockene Teilchen, Autofahren macht mich noch immer aggressiv, und Telekommunikationsanbieter bieten noch immer einen grottenschlechten Service.

M-Net, O2, Pyur - keiner bietet vernünftigen Kundenservice. Statt kompetenten Auskünften zu technischen Fragen will jeder Mitarbeiter einem nur den neuesten Tarif aufschwatzen - wenn man überhaupt soweit kommt, dass man irgendwann mal einen echten Menschen an der Strippe hat. (Kein Mensch hat heute noch eine "Strippe", aber es klingt immer noch gut. Ich fürchte nur, die Metapher verstehen nur noch Leute aus meiner Generation.)

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Apropos Redewendungen: Nervt es euch auch, wenn Leute davon reden, sie hätten ein "Schnäppchen geschlagen" oder hoffen, dass sie in heiklen Angelegenheiten noch "die Kurve kratzen" werden?

Also: Schnäppchen werden nicht geschlagen, sondern gemacht. Schnäppchen sind besonders günstige, meist finanzielle Angebote, die man oft überraschend entdeckt bzw wahrnimmt.

"Schnippchen schlagen" meint in der Regel "jemanden austricksen" oder "jemandem einen Strich durch die Rechnung machen". Ist hier nochmal erklärt.

"Kurve kratzen"  heißt in der Regel "abhauen, sich schnell aus dem Staub machen". Gemeint ist aber eigentlich meist "Kurve kriegen", also "nochmal mit einem blauen Auge davonkommen" bzw. etwas "im letzten Moment noch schaffen".

Vermutlich ein "first world problem" von Sprach-Fetischisten wir mir, aber sei's drum.

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Noch was für Freunde der deutschen Sprache.

Dass in der  "business world" von Managern und Beratern, kurz, zwischen Businesskaspern eine besondere Form von Neusprech gepflegt wird, dürfte bekannt sein.

Wie ich letzte Woche in einem Meeting feststellen durfte, sind manche da aber auch so weit in diese Welt abgetaucht, dass sie lieber englische Neusprech-Termini erfinden, als deutsche Worte zu benutzen.

So sprach dann also eine Management-Dame, als sie Bugs in einer Software beschreiben sollte, nach Worten ringend von "Non-Enablern". Zu deutsch: Programmfunktionen (features), die nicht funktionieren und dadurch den Arbeitsfluss (work flow) hemmen. Man hätte auch einfach "Müll" oder "verschissene, verbuggte Drecks-Software" sagen können. "Non-Enabler" klingt aber wohl schicker.

Ich hab eh das Gefühl, dass die Hälfte der Leute, die mit derartigem Neusprech um sich werfen, überhaupt nicht wissen, was sie bedeuten sollen. Bzw. bieten Begriffe wie "agile workspace" genügend Interpretationspielraum für Schwachsinn. Blöderweise kann man sich dem galoppierenden Stumpfsinn kaum entziehen, wenn der Chef zum plötzlich "townhall meeting" bittet, weil sein "code of conduct" ein unerwartetes "Delta" aufweist. Womit wir dann auch wieder bei Corona wären. Ich liebe es, wenn der Kreis sich schließt. Ist euch das mal aufgefallen?

PS: Wobei ich das mit dem "Delta" nie verstanden habe. "Delta" meint im Neusprech ja ein Defizit bzw eine nach unten verlaufende Kurve in einem Diagramm. Nun hat der Buchstabe Delta zwar eine Dreiecksform, nur zeigt dessen Spitze nach oben, nicht wie im Diagramm nach unten. Auch das "Delta" als Beschreibung eines Flussverlaufes taugt nicht zur Umschreibung eines Defizits oder einer absteigenden Kurve. 

Warum also "Delta"? Wer kommt nur immer auf so'n Scheiß? Sitzen das bei McKinsey fünf Schimpansen in einem Kellerverschlag, mit einem Oxford Dictionary und einem Beutel Koks? Und ab und zu geht mal einer kucken, sammelt das Affenkonfetti ein und puzzelt daraus Businesskasper-Sprechblasen?

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Angeblich ist "Vor-Impf-Sperma" der neue heiße Scheiß bei den Corona-Schwurblern. Wahrscheinlich, weil die Kinder von Geimpften zukünftig alle aussehen wie Bill Gates.

Ich hab daraufhin spaßeshalber ein paar mal ins Gefrierfach gepinkelt. Wenn Fetisch-Schwurbler in ein paar Jahren mal eine Golden-Shower-Party feiern wollen, verdiene ich mir mit meinem Vor-Impf-Urin auf Ebay eine (Achtung, Gag!) goldene Nase.

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Zum Abschluss noch ein Tipp für Interessierte: