Der ein oder andere mag sich gefragt haben, warum ich zu der ganzen Wulffiade in den letzten Wochen nichts gesagt habe.
Ich finde, zu Wulff ist bereits viel zuviel gesagt worden, und dabei wenig substantiell Neues. Ob er „dem Amt" nun geschadet hat, sei mal dahingestellt. Vor allem hat er sich selbst geschadet, ebenso dem Ansehen der Politik, das ja ohnehin schon auf Mafia-Niveau angekommen ist. Er hat den BILD-Zeitungs-Schmierern dazu verholfen, sich als Kämpfer für Aufrichtigkeit und Demokratie aufführen zu dürfen. Und zuguterletzt hat er Hannovers Ruf als Hochburg der Filzproduktion endgültig zementiert. Da kann Klaus Meine "Wind of Change" pfeifen, bis er schwarz wird.
Aber natürlich war Wulff nicht länger tragbar als BuPräsi. Auch wenn ihn sich die ersten schon wieder zurückwünschen, angesichts der Gauck’schen Rückwärtsgewandtheit.
Aber jemand, der im Verdacht steht, von allerlei Wirtschaftsklüngel kleine und große Gefallen entgegen genommen zu haben und konsequenterweise auch noch versucht hat, das zu vertuschen, den darf man eben keine Gesetze unterzeichnen lassen. Eine der wichtigsten Funktionen, die das Amt des BuPräsi ausmachen, neben all der internationalen Händeschüttelei und Gedenkstätten-Einweihungen.
Und nun? Nun wird Gauck als der große Konsens-Kandidat aus dem Hut gezogen. Ausgerechnet in der Hochphase des Karnevals einigen sich die Narren und Gauckler der „großen“ Parteien (und der FDP) auf einen christlich-konservativen Hardliner, der, legt man seine mannigfaltigen Lautäußerungen zu Grunde, den Märkten näher steht als den Menschen. Genau so jemand hat uns gerade noch gefehlt.
Die Frage ist doch außerdem, ob wir einem Schmierblatt wie der BILD-Zeitung gestatten, festzulegen, wer hierzulande Präsident wird. BILD hat mit Verve Wulff weg- und Gauck herbeigeschrieben. Und während man sich noch fragt, warum der Springer-Verlag Wulff nicht mochte, drängt sich einem der Grund dafür, daß BILD Gauck so die Stange hält, nahezu auf. Die Gemeinsamkeiten sind unübersehbar: Beide speisen ihre Identität aus einem bürgerlichen Konservativismus, der sich mal christlich, mal liberal nennt und gern auf das hinunterschaut, was als sozial schwach gilt, gern mißtraut, was sich Migrant nennt und alles verachtet, was links von Helmut Schmidt steht.
Im Radio wurde gerade durchgegeben, daß Gauck derzeit auf Lesereise für sein Buch ist. Wie sicher sind wir uns eigentlich, daß die ganze BuPräsi-Nummer nicht nur eine gigantische PR-Aktion seines Verlags ist? Schließlich verkaufen sich seine "Erinnerungen" seit neustem wie geschnitten Brot.
Und wieso? Weil den angeblichen „intellektuellen Bürgerrechtler“ Gauck kaum jemand näher kennt. Der Präsident eines der dominantesten, reichsten Länder der Welt, von dem die eigenen Bürger nicht viel mehr wissen, als daß er in der Zone Pastor war und eine Behörde geleitet hat, die irgendwann mal so hieß wie er.
Überhaupt ist die Präsidentenwahl auch diesmal wieder eine totale Farce. Ohnehin ist „Wahl“ das völlig falsche Wort, denn das hieße, daß es eine realistische Alternative zu Gauck gäbe. In der Presse heißt es dazu überall, Gauck wird am 18.März gewählt. Da gibt es gar keine Zweifel mehr, daß er es nicht wird. „Kür“ paßt daher eigentlich besser. Gauck führt sich derzeit ohnehin auf, als wär er schon Präsident. Also warum warten? Einfach ein BürgerKing - Krönchen, von Mutti Merkel oder gleich von Kai Diekmann auf die angegraute Rübe geflanscht – fertig.
Das Amt des BuPräsi wird hierzulande spätestens seit Richard von Weizsäcker mit dem Attribut „moralische Instanz“ versehen. Moralische Instanzen haben wir nicht (mehr) allzu viele, falls je welche existiert haben.
Papst und Kirche rangieren spätestens seit den Mißbrauchsskandalen moralisch eher auf Restrampe-Niveau. Der Dalai Lama taugt nur für gutbürgerliche Esoteriker und ist auch sonst nicht deutsch genug. Vielleicht noch Kaiser Franz, nur äußert der sich ja zu nix anderem als Fußball – ist vielleicht auch besser so. Käßmann ist weg, Gottschalk auch. Und wie lange es der Kette rauchende, weise Onkel Uhu von der Waterkant noch macht, weiß auch keiner.
Moralisch herrscht ansonsten in Deutschland Ebbe, der totale Ausverkauf.
Oder fällt noch jemandem irgendwer ein? Alle, die Mal als Vorbilder und Tugendbolde wahrgenommen wurden, sind entweder weggestorben oder wurden letztendlich doch mit den Fingern in der Keksdose erwischt.
Ob Gauck dem hohen moralischen Anspruch gerecht wird, wird sich zeigen. Nach den Ereignissen der letzten Wochen darf das aber bezweifelt werden. Ich wär auch für Georg Schramm gewesen.
Freitag, 24. Februar 2012
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