Ich
bin in meinem Leben schon an 3 Mini-Flughäfen gewesen, wie nicht anders zu
erwarten alle in exotischen Gegenden fernab jeglicher Zivilisation: auf
Rarotonga, auf Koh Samui und in Paderborn*.
Die
Landebahn auf Rarotonga zum Beispiel ist so kurz, daß der Flieger bei Start und
Landung ins Meer kippt, wenn der Pilot mal nicht aufpaßt. Am Anfang der
Landebahn befindet sich ein Schulgebäude (Sitzplätze: 120), mittig daneben das Parlamentsgebäude (Sitzplätze:
24) und das Nationalstadion (Sitzplätze: 3000), am anderen eine größere Palmenhütte: das Flughafenterminal
(Sitzplätze: 5, neben der dicken Frau mit den Blumenkränzen). Besondere Attraktion: Neben dem Gepäckband
steht ein älterer Herr mit Gitarre, der mit Inbrunst irgendwelche polynesischen
Schnulzen vor sich hin klampft, wenn er nicht gerade die obligatorischen Flughafendurchsagen
macht.
Auf „toandfromtheairport.com“ steht zu lesen: „Left
luggage is available at NZ$3 per item per day.” Was man so verstehen kann, daß man die
Möglichkeit hat, sich für 3 Neuseeland-Dollar verlorengegangenes Gepäck anderer
Flugreisender zu kaufen. Was mich bei der traditionell lockeren Einstellung der
Polynesier zum Thema „Privateigentum“ jetzt nicht unbedingt überraschen würde.
Die
Landebahn auf Koh Samui ist zwar weder länger noch kürzer, dafür kippt der
Flieger bei zu geringem Schub aber auch nicht ins Meer, sondern kachelt stattdessen
in einen Hotelkomplex.
Das
Terminal ist eher noch palmenhüttiger als auf Rarotonga, einen Südsee-Gitarrero
haben die Thais sich erspart– in Anbetracht der zum Teil recht
gewöhnungsbedürftigen thailändischen Schlagerszene (hier ein Beispiel) vermutlich ein weiser
Entschluß.
Attraktion
hier: Das Gepäckband, das bei meiner Ankunft kaputt war. Was aber nichts
ausmachte, weil es eh nur ca. 4 Meter lang war. So konnte der schmalbrüstige
Einheimische mir meinen Koffer gleich in die Hand drücken, statt ihn wie sonst
auf das Band zu hieven, damit ich ihn mir 2 Meter entfernt wieder
herunterpflücke. Überhaupt ein Phänomen,
dem man in den entlegeneren Ecken der Welt häufig begegnet: Um sich wie „die Großen“ fühlen zu dürfen,
ahmen „die Kleinen“ alle Prozeduren und Marotten der Großen nach, auch wenn
diese bei ihnen gar keinen Sinn machen (s. auch Nordkorea, Saarland, Peter
Maffay).
Paderborn
als der unbestritten nördlichste der 3 Minis kann den anderen beiden natürlich
in puncto Klima und Todesfälle durch
herabfallende Kokosnüsse nicht das Wasser reichen. Man bemüht sich trotzdem nach
Kräften, beim Fluggast Südseefeeling aufkommen zu lassen.
In
Paderborn ist daher alles genauso drollig und ungezwungen, wie man es von
ähnlichen Flughäfen kennt, die sich ebenfalls am Rande der Erdscheibe befinden,
aber gern so tun, als lägen sie im Zentrum derselben.
Die
einzelne Dame, die mein Gepäck eingecheckt hatte, traf ich demzufolge auch beim
Boarding wieder. Es hätte mich nicht gewundert, wenn sie auch noch den Bus zum
Flugzeug gefahren hätte.
Ich wage
zu bezweifeln, daß diese Mitarbeiterin auf ihrem Weg vom Check-In zum Gate
nochmal einen Sicherheits-Check absolvieren mußte. Ohnehin schienen die
Sicherheitsbeamten in Paderborn ihrer Arbeit mit derselben mediterranen Entspanntheit
nachzugehen, wie sie sonst nur italienischen Kreuzfahrtkapitänen zu eigen ist.
Als ich in München durch den Metalldetektor tapste, hatte dieser noch geblinkt
und geleuchtet wie die Showtreppe bei der ZDF-Hitparade. Nicht so sein
westfälisches Pendant, welches mit keiner Diode zuckte, als ich es in praktisch
identischer Aufmachung passierte.
Vermutlich
hätte ich den Torbogen auch im Kettenhemd passieren können, ohne eine Reaktion
hervorzurufen.
Lustigerweise
schließt sich an den „Sicherheitscheck“ ein Duty-Free-Bereich an. Die einzigen
Flüge ab Paderborn, für die man duty free einkaufen darf, sind 2 (zwei!!!)
Flüge pro Woche nach Enfidha, einem zweitklassigen Touristen-Flughafen in
Tunesien. Und das auch nur im Sommer. Aber wer nimmt schon 2 Liter Hochprozentigen und einen Zwei-Kilo-Riegel Toblerone mit in sein All-Inclusive-Hotel an Rande der Sahara?
Ein
weiteres Highlight stellt das Airport-Restaurant „Quax“ dar. Ein ganz seltsamer
Laden, der einige Fragen bei mir aufwarf.
Warum
gibt sich ein Etablissement, das sich an einem Flughafen befindet und damit das Wohl
des Reisenden im Auge hat, ausgerechnet einen Namen, den man sofort mit dem Attribut "Bruchpilot" assoziiert? („Quax, der
Bruchpilot“, ein alter Fliegerfilm mit H. Rühmann, bildet die einzige Analogie
des Wortes Quax im deutschen Sprachgebrauch.)
Wozu
braucht eine Selbstbedienungs-Fritteria an einem Flughafen, wo täglich grade
mal eine Handvoll Flüge starten und landen, ca. zehn Servicekräfte, die sich
vor Langeweile gegenseitig die Salmonellen aus der Fontanelle puhlen?
Vielleicht hatten die auch alle frei und haben sich nur dort herumgetrieben,
weil der Flughafen am Sonntagabend der einzige Ort in Ostwestfalen mit
fließend Wasser und elektrischem Licht ist – ich weiß es nicht.
Wenn
man schon kaum Gäste hat, wieso gibt man sich nicht wenigstens Mühe, den wenigen
etwas zu servieren, das optisch und geschmacklich nicht an Bau-Schaum erinnert? Ich z. B.
hatte den Quax-Cheeseburger mit Pommes geordert. Was dann allerdings nach gut
20 Minuten aus der Küche kam, sah eher aus wie ein frittierter Frisbee. Dünn
wie ein französischer Crepe und an den Rändern fettig verschmurgelt, wölbte sich
mir die wohl jammervollste Hackfleischscheibe entgegen, die je in einem
Brötchen Platz genommen hat. Der Käse war vollständig abgeschmolzen, unter der
anorektischen Bulette klammerte sich eine einsame Saure-Gurken-Scheibe an einem
Hügel Eisbergsalat fest. Den nebendran platzierten Kartoffelstäbchen fehlte
alles, was Pommes Frites zu einem allseits beliebten Nahrungsmittel machen:
Geschmack, Knusprigkeit, Frische und ein satt goldgelbe Farbgebung. Stattdessen
erinnerten die Fritten nicht nur optisch an feuchten Karton, so daß es wohl
mehr als nur ein mageres Ketchup-Tütchen gebraucht hätte, um den bleichen
Ackerstäbchen so etwas wie Geschmack einzuhauchen.
Den nachhaltigsten Eindruck von Paderborn als einsamer
Hort südlichen Lebensstils in Norddeutschland hat bei uns der Taxifahrer
hinterlassen, der uns zum Flughafen chauffierte. Dem Anschein nach westfälischer
Ureinwohner ohne jeglichen Migrationshinter- oder vordergrund, schacherte er mit
uns um den Fahrpreis wie ein armenischer Teppichverkäufer. Von seinen einfach
nur sportlich zu nennenden10 Euro Anfahrtsgebühr, die er allen Ernstes
kassieren wollte, ließ er sich ohne den
Anflug eines Bedauerns auf 2 Euro herunterhandeln. Handeln! HALLOOO! Mitten in
Deutschland, dem Hort der gesetzlich geregelten Auspreisungen und der
zementierten Quartalszahlen? Da muß einer erstmal drauf gefaßt sein. Gut, daß ich
meine Geheimwaffe in Gestalt der schönsten Münchnerin im Gepäck hatte, die, was
mediterrane Geschäftstüchtigkeit anbetrifft, mit ziemlicher Sicherheit einige
hervorragende Kamelhändler unter ihren Vorfahren hat.
*) Paderborn liegt an der Pader, dem mit 4 km kürzestem Fluß Deutschland. Vermutlich sind die Paderborner da auch noch stolz drauf.Ich hätte ja gedacht, der kürzeste Fluß Deutschlands wäre der Pississippi ("Rio de la Spaten"), der einmal jährlich für 2 Wochen das Oktoberfestgelände umspült...
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